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Foto: ap/Keystone/Eddy Risch
Lausanne - Der innovative Therapieansatz im Kampf gegen die Alzheimer-Erkrankung, durch den das Gehirn von giftigen Amyloid-Ablagerungen durch Immunisierung befreit wird, hat sich zumindest als machbar erwiesen. Derzeit laufende Impfstudien sollen zeigen, wie sich die Forschungsergebnisse in der klinischen Behandlung umsetzen lassen. Das berichtete der französische Experte J.-M. Orgogozo von der Universitätsklinik Bordeaux bei der Jahrestagung der Europäischen Neurologengesellschaft (ENS) in Lausanne.

Häufigste Demenzform

Dass die Alzheimer Erkrankung besonders im Zentrum des internationalen Forscher-Interesses steht, ist verständlich: Sie ist die häufigste Demenzform des hohen Lebensalters. Weltweit sind mehr als zwölf Millionen Menschen an Alzheimer erkrankt, Experten gehen davon aus, dass sich diese Zahl bis 2025 auf 22 Millionen erhöhen wird.

Immunisierung

Der Therapieansatz, den Orgogozo in Lausanne präsentierte, zielt auf einen speziellen Mechanismus ab, der im Gehirn von Alzheimer-Patienten beobachtet wurde: Bei ihnen finden sich besonders viele Ablagerungen des Proteins Beta-Amyloid, das vermutlich die Gehirnzellen schädigt und zerstört. Der Immunisierungs-Ansatz soll dafür sorgen, dass weitere Ablagerungen von Beta-Amyloid verhindert oder eventuell sogar bestehende im Gehirn abgebaut werden.

Positive Ergebnisse

Eine Reihe von experimentellen Studien und eine klinische Untersuchung habe die Wirksamkeit dieser Strategie demonstriert, so Orgogozo: "Die vorliegenden Daten zeigen, dass sich durch die Immunisierung die Ablagerung von Amyloid im Gehirn verzögert, verringert oder sogar ganz abgebaut werden kann und dass bei Patienten, die Antikörper entwickeln, auch eine Verzögerung des kognitiven Abbaus zu beobachten ist."

Negative Konsequenzen

Doch es gab bei den Studien auch schwerwiegende Probleme. Im Jahr 2002 musste die klinische Studie abgebrochen werden, weil 18 der weltweit 300 mit Beta-Amyloid geimpften Patienten an einer Entzündung des Gehirns erkrankten. Doch das Prinzip bleibt viel versprechend, sind viele Experten überzeugt: Denn die Datenanalyse der abgebrochenen Studie ergab, dass auch zwei Jahre nach der Impfung ein Teil der Geimpften noch deutlich mehr Antikörper gegen die Eiweißablagerungen im Gehirn bildeten.

Dass das Ausmaß der Antikörper-Bildung mit dem Schutz der geistigen Fähigkeiten korrelierte, zeigten die besseren Resultate dieser Patienten in neuropsychologischen Standardtests. Da sowohl einige Antikörper-bildende als auch einige Patienten ohne Immunreaktion an Meningo-Enzephalitis erkrankten, schlossen Experten, dass diese Nebenwirkungen möglicherweise nicht direkt durch die Antikörper bewirkt wurden.

Forschung

Die Verbesserung von Sicherheit und Verträglichkeit des Therapieansatzes und das Erreichen eines langfristigen Therapieeffekts stehen jetzt im Zentrum der Forschungsaktivitäten. Es werden nun andere Impfstoff-Versionen eingesetzt, mit dem Ziel, möglichst viel Antikörper-Produktion anzuregen, ohne die bisherigen Nebenwirkungen hervorzurufen. Eine Alternative besteht etwa darin, Patienten spezifische Anti-Amyloid-Antikörper zu verabreichen und damit die Notwendigkeit der körpereigenen Antikörper-Produktion zu umgehen, die mit den aktiven Vakzinen nur in einem Viertel der Fälle gelingt. Dieser Ansatz könnte auch das Risiko von Gehirn-Komplikationen verringern. Derzeit laufen weltweit vier groß angelegte klinische Studien mit solchen Vakzinen. (APA)