Wien - Auf Zustimmung bei den Oppositionsparteien SPÖ und Grüne, bei der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft der Eisenbahner ist am Donnerstag die Forderung des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) nach Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Straßen gestoßen. Für die Grünen ist die "Lkw-Maut-Verweigerung durch die Bundesregierung durch nichts zu rechtfertigen". SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter hält die Forderung ebenfalls für richtig, wegen des von der Regierung "durchgedrückten" Mikrowellensystems sei die Umsetzung aber derzeit technisch nicht möglich, kritisierte er.

Ablehnung kam vom Fachverband Güterbeförderung in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Österreich habe bereits die mit Abstand höchste Lkw-Maut in der EU, so Fachverband-Geschäftsführer Rudolf-Christian Bauer. Jede weitere Erhöhung stelle den Standort in Frage.

"Fatale Fehlentscheidung für die Mikrowellentechnologie"

Grundsätzlich wäre es richtig, die flächendeckende Lkw-Maut einzuführen, allerdings wäre eine Umstellung auf ein Satelliten-Mautsystem Voraussetzung, so der SPÖ-Rechnungshofsprecher. Mit einer raschen Umstellung käme dann die volle Tragweite der "fatalen Fehlentscheidung für die Mikrowellentechnologie" zum Tragen. Der Rechnungshof werde bei seiner bis Ende Juni laufenden Prüfung des Europpassdeals die Verluste einer vorzeitigen Systemumstellung errechnen. "Ich gehe von einem Schaden in der Höhe von zumindest 2,5 Milliarden Euro aus, den die ahnungslosen und überforderten FPÖ-BZÖ Politiker Forstinger, Reichhold und Gorbach zu verantworten haben", so Kräuter in einer Aussendung. Ausgerechnet der "gescheiterte Ex-Minister Reichhold" habe nun ein "hochbezahltes Politausgedinge in der ASFINAG zugeschanzt bekommen".

Die von der Regierung verweigerte Umsetzung der flächendeckenden Lkw-Maut sei durch nichts zu rechtfertigen und koste die Allgemeinheit zumindest 1,5 Mrd. Euro, erklärte die Verkehrssprecherin der Grünen, Gabriela Moser. Noch in dieser Legislaturperiode wollen die Grünen einen entsprechenden Antrag im Parlament einbringen. Die Bundesregierung, allen voran der Infrastrukturminister, schaue seit Jahren den Zuwächsen des Lkw-Verkehrs tatenlos zu "und beschäftigt sich mit Postenschacher und Freundschaftsdiensten", schließt Moser.

Auch die Arbeiterkammer (AK) sieht sich durch die VCÖ-Studie in ihrer Forderung nach einer Lkw-Maut nach Schweizer Vorbild bestätigt: Der Lkw zahle derzeit nicht ausreichend die Kosten für die Infrastruktur, die er benütze. Nach der erfolgreichen Einführung der Maut auf Autobahnen im Jahr 2004 müssten nun endlich auch die restlichen Straßen fahrleistungsabhängig bemautet werden. "Eine flächendeckende Maut eröffnet neue Perspektiven für die Infrastrukturfinanzierung und eine umweltfreundliche Verkehrspolitik", sagt AK-Verkehrsexperte Franz Greil.

Derzeit müsse der Steuerzahler vor allem am unterrangigen Straßennetz für die Infrastrukturnützung der Lkw aufkommen, wo rund 30 Prozent des gesamten Lkw-Verkehrs stattfinde. Laut offizieller Wegekostenrechnung des Verkehrsministeriums aus dem Jahr 2002 decke der Lkw abseits der Autobahn nur zwischen 12 und 43 Prozent durch Steuern seine Infrastrukturkosten. Die enormen Kosten für Umwelt, Unfallfolgekosten und Gesundheit seien da nicht einmal eingerechnet, so der AK-Experte.

Auch Eisenbahner unterstützen VCÖ-Forderung

Der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft, Wilhelm Haberzettl, begrüßte ebenfalls den Vorstoß des VCÖ. Die Einführung einer kilometerabhängigen Lkw-Maut auf allen Straßen wäre ein wichtiger Beitrag zur Herstellung der Kostenwahrheit zwischen Schiene und Straße: Derzeit zahle nur die Bahn auf allen Strecken Maut. Der Lkw belaste, sobald er die Autobahn bzw. die Schnellstraße verlasse, in weit höherem Ausmaß als die Bahn die Steuerzahler: Österreichs Bahninfrastruktur koste die SteuerzahlerInnen jährlich 900 Mio. Euro, der Lkw abseits der Autobahnen und Schnellstraßen 3,4 Mrd. Euro. Damit zahle jede(r) ÖsterreicherIn jährlich 112 Euro für die Bahn, aber 425 Euro für den Lkw. (APA)