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Die als "Fusion Gleicher" deklarierte Transaktion lässt die NYSE Euronext entstehen, den ersten großen transatlantischen Börsenbetreiber. Die neue NYSE Euronext wird einen Börsenwert von insgesamt rund 15 Mrd. Euro haben.

Foto: EPA/Vergult
New York - Der New Yorker Börsenbetreiber NYSE und die europäische Vierländerbörse Euronext fusionieren zur größten Börse der Welt. Das teilten die Unternehmen am Donnerstagabend in New York mit. Damit hat die Deutsche Börse in Frankfurt ihr Werben um Euronext verloren. Mit der Übernahme von Euronext durch die New York Stock Exchange (NYSE) entsteht der erste transatlantische Börsenbetreiber.

Die neue Gruppe solle NYSE Euronext heißen und werde ihren Sitz in den USA haben, hieß es. Erforderlich sind noch die Zustimmung der Aktionäre beider Unternehmen sowie der Wettbewerbshüter. Die NYSE will ihr offizielles Angebot an die Euronext-Anteilseigner binnen sechs Monaten vorlegen.

Die neue NYSE Euronext wird einen Börsenwert von insgesamt rund 15 Mrd. Euro (20 Mrd. Dollar) haben. Es werden dort täglich Wertpapiere und andere Kontrakte im Gesamtwert von 80 Mrd. Euro gehandelt werden. Die Aktien der an der NYSE Euronext notierten Unternehmen haben einen Gesamtwert von 21 Bill. Euro. Es werden durch den Zusammenschluss Ersparnisse von 295 Mio. Euro erwartet, wobei die technische Infrastruktur 195 Mio. Euro beisteuern soll. Die Aufsichtsbehörden in den jeweiligen Märkten würden die Regulierung der jeweiligen Märkte übernehmen.

Zentren in New York, Paris und Amsterdam

NYSE-Chef John Thain soll auch den neuen Konzern führen. Euronext- Chef Jean-François Théodore wird sein Stellvertreter und Leiter des internationalen Geschäfts. Das US-Hauptquartier soll in New York sein, das internationale Geschäft soll aus Paris und Amsterdam geleitet werden. In London werde das Derivate-Geschäft bleiben. Dem Aufsichtsrat sollen 11 Mitglieder von NYSE-Seite und 9 von Euronext angehören.

Die Euronext besteht aus den Börsen in Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon. Zudem hat sie einen Terminmarkt-Ableger in London.

Außerdem wurde am Freitag - nur wenige Stunden nach dem Grünen Licht für die Fusion mit der NYSE - bekannt, dass Euronext mit den Betreibern der Mailänder Börse Gespräche über einen Zusammenschluss aufnehmen wird (siehe dazu Artikel Euronext will Borsa Italiana schlucken).

Deutsche Börse unterlag

Die Deutsche Börse hatte trotz des sich abzeichnenden Erfolg der US-Konkurrenz bis zuletzt versucht, die Euronext-Aktionäre für ihr eigenes Fusionsangebot zu gewinnen. Zuletzt schlug sie Euronext vor gut einer Woche sogar unter bestimmten Umständen den Chefposten in einem gemeinsamen Unternehmen vor. Die Deutsche Börse bot Euronext- Aktionären in einer "Fusion unter Partnern" 76,60 Euro in bar und Aktien des neuen Unternehmens. Euronext favorisierte jedoch schon länger das NYSE-Angebot. Gegen eine innereuropäische Lösung standen vor allem die Interessen Pariser Marktteilnehmer sowie Wettbewerbsbedenken.

Die Deutsche Börse AG, die bereits 2005 wegen des Widerstandes großer Hedge-Fonds in den Reihen ihrer Aktionäre mit den Übernahmeplänen für die Londoner Börse gescheitert war - Börsechef Werner Seifert musste daraufhin gehen -, wird jetzt über andere Wachstumsmöglichkeiten nachdenken müssen. Als eine Möglichkeit wurden Zusammenschlüsse mit deutschen Regionalbörsen genannt.

Bei der Londoner Börse ist inzwischen die US-Technologiebörse NASDAQ mit rund 25 Prozent eingestiegen. Damit bilden sich zwei große transatlantische Börsenverbünde.

Aktientausch

Die Fusion von NYSE und Euronext soll mit einem Aktientausch über die Bühne gehen. Jede Aktie der New York Stock Exchange (NYSE) werde in einen neuen Anteil der NYSE Euronext umgewandelt. Euronext- Aktionäre sollen pro Anteil 0,98 Aktien des neuen Unternehmens erhalten sowie 21,32 Dollar in bar. Es sind auch ein reiner Aktientausch und ein reines Bar-Angebot vorgesehen. Für Freitag wurde eine gemeinsame Pressekonferenz in Paris angekündigt.

Die Unternehmen erhoffen sich von der Fusion jährliche Einsparungen von 295 Millionen Euro auf Vorsteuerbasis. Davon kämen etwa 195 Millionen Euro aus der Zusammenlegung der IT-Systeme und Plattformen.

New York soll wieder attraktiver werden

Für die NYSE ist die Fusion mit den Europäern sehr wichtig. Die meisten großen Börsengänge der vergangenen Jahre hätten außerhalb der USA stattgefunden, räumte NYSE-Chef Thain am Donnerstag ein. Ausländische Unternehmen scheuten wegen des Sarbanes-Oxley Act - ein Gesetz zur Verbesserung der Unternehmensberichterstattung - eine Notierung in den USA. Mit der Fusion mit Euronext will Thain die New Yorker Börse wieder attraktiver für Börsengänge machen. Außerdem erhält die NYSE durch Euronext mit der Londoner LIFFE die lang ersehnte starke Position im elektronischen Derivatehandel. (APA/dpa)