Klagenfurt - Im Jahr 1890 wies die amtliche Volkszählung 84.667 (25,5 Prozent) Slowenen in Kärnten aus. 2001 waren es nur mehr 13.141 oder 2,3 Prozent. Das sind die nüchternen Fakten, die den jahrzehntelangen Assimilierungsdruck auf die slowenische Minderheit in Kärnten augenscheinlich demonstrieren.

Präsentiert wurden diese Zahlen vom Zeithistoriker Valentin Sima auf einer Podiumsdiskussion zum "Grenzfall Kärnten" an der Universität Klagenfurt. Auch 34 Jahre nach dem Ortstafelsturm blieben die Traumen eines gegenseitigen Bedrohungsszenarios zwischen slowenischer Minderheit und deutschsprechender Mehrheit unaufgearbeitet. Oder werden von neuem wiederbelebt wie etwa in der aktuellen Ortstafel-Diskussion.

Ist Kärnten sozusagen ein pathologischer Fall? "Mit slowenischen Anteilen in der Herkunft ist bei vielen Kärntnern eine große Scham und Angst vor Minderwertigkeit verbunden", analysiert der Psychologe Klaus Ottomeyer.

Nur der Konflikt zählt

"Es geht nicht bloß um Ortstafeln, es geht um den Konflikt, der unter allen Umständen am Leben gehalten werden muss", meint der Gruppendynamiker Peter Heintl. Denn nur ein Konflikt gebe "politisch etwas her". Das gelte auch für die Minderheit, die ihre Identität aus dem "ihr selbst zugemessenen Opferstatus" beziehe. Der Historiker Karl Stuhlpfarrer zeigt sich daher angesichts der jahrzehntelangen Tradition der Verweigerung skeptisch: "Selbst wenn der Ortstafelkonflikt gelöst würde, werden immer wieder neue aufbrechen." Mit dem Ortstafel-Konsens zwischen Slowenenvertretern und Heimatdienst sei doch einiges in Bewegung geraten.

Was aber ist mit dem anderen Kärnten, das etwa in der Plattform pro Kärnten/za Korosko sichtbar ist, die mehr als 40.000 Ortstafel-Patenschaften gesammelt hat? Mitinitiator und Verleger Loijze Wieser: "Kärnten ist auch das Land, das immer neue Geister hervorgebracht hat, die die Kraft der Sprache nutzten, um die Enge zu sprengen." (DER STANDARD, Printausgabe 3./4./5. 6. 2006)