Diejenigen in Washington, die von einer "Achse des Bösen" sprechen, durften sich bestätigt fühlen. Venezuelas linkspopulistischer Präsident Hugo Chávez nutzte das Treffen der Minister der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) zu einer politischen Demonstration gegen die USA. Er stellte sich bei der Veranstaltung in seinem Heimatland demonstrativ auf die Seite des Iran. Er warf der USA vor, mit einem Kesseltreiben gegen den Iran zu einem Preisanstieg der Ölpreise beizutragen. Tatsächlich reagiert der Ölmarkt sensibel auf jede Ankündigung der USA, die mit dem Iran zu tun hat.

Chávez selbst blitzte aber mit seiner Forderung ab, die Fördermenge zu drosseln, was auch zu einem Preisanstieg geführt hätte. Vorerst ist damit sein Versuch, die Opec für seine politischen Forderungen zu gewinnen, gescheitert. Wer Chávez kennt, weiß, dass er nicht aufgibt. Damit stehen der Organisation turbulente Zeiten bevor.

Nicht nur verbal will sich Venezuela mit dem Iran zusammentun. Venezuela erwägt nach den Worten von Chávez, sich nach dem Vorbild Teherans seine Öllieferungen künftig in Euro statt in Dollar bezahlen zu lassen. Das iranische Ölministerium hat im Mai die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, Öl in dem islamischen Staat künftig auch in Euro zu handeln. Entsprechende Ankündigungen aus dem Iran seien auch für Venezuela interessant, sagte Chávez nun und heizte damit bewusst Spekulationen an. Hier bahnt sich eine Allianz an, die sich sogar zum Sprengstoff für die in Wien ansässige Opec entwickeln könnte, die ohnehin alles andere als homogen ist. Venezuela ist immerhin der fünftgrößte Ölexporteur der Welt, der Iran der zweitgrößte Förderer nach Saudi-Arabien.

Mit diesem Vorstoß greift Chávez den US-Dollar und damit das Symbol der amerikanischen Wirtschaftskraft frontal an. Bisher ist der Dollar das international einheitliche Zahlungsmittel für Öl. Sollte sich dies tatsächlich ändern, so würden die Zentralbanken weltweit vermutlich einen Teil ihrer Dollar-Reserven in Euro umtauschen, was zu einem weiteren Wertverfall des Dollars gegenüber der europäischen Währung führen würde. Chávez hat sich offensichtlich entschlossen, nicht nur auf der politischen Bühne die USA zu attackieren. Er will auch versuchen, die größte Volkswirtschaft der Welt, die von venezolanischem Erdöl abhängig ist, anzugreifen und nutzt bewusst Erdöl als Waffe. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3./4./5.6.2006)