Berlin - Die Wirtschaftsweisen sehen die Entwicklung der deutschen Wirtschaft optimistischer als zuletzt. "Zur Zeit rechnen wir mit eineinhalb Prozent Wachstum", sagte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung, Beatrice Weder di Mauro, der Zeitung "Die Welt" vom Samstag. Im Herbstgutachten hatte der Sachverständigenrat nur ein Prozent Wachstum prognostiziert.

Dennoch sehe der Rat die Konjunktur weniger optimistisch als viele andere Institutionen. "Wir setzen weniger auf Stimmungsindikatoren und sehen einen kräftigen Aufschwung noch nicht durch harte Zahlen gestützt", sagte Weder di Mauro. Für das gesamte Jahr rechnen die meisten Ökonomen inzwischen mit einem Wachstum von 1,5 bis 2,0 Prozent. Die deutsche Bundesregierung erwartet 1,6 Prozent Wachstum.

Kritik an Reformpolitik

Die Reformpolitik der Großen Koalition beurteilte die Wirtschaftsweise kritisch. "Momentan sehe ich die Gefahr, dass große Chancen verpasst werden und nur kleine Reformen herauskommen", sagte sie. So seien bei der Arbeitsmarktreform Hartz IV die Transferleistungen erhöht statt gesenkt worden und die Anreize zur Arbeitsaufnahme nicht verbessert worden. Daher sei eine niedrigere Grundleistung beim Arbeitslosengeld II sinnvoll. "Das jetzige System setzt die falschen Anreize."

Für manchen Arbeitslosen sei es unattraktiv eine Stelle anzunehmen, weil das für ihn zu finanziellen Einbußen führen würde. Der Sachverständigenrat arbeite an einem eigenen Modell, dass die Arbeitsanreize verbessern solle. Dabei sei absehbar, dass neben einer geringeren Grundleistung die Zuverdienstmöglichkeiten verbessert werden müssten. "Das wäre dann ein echter Test auf Arbeitswilligkeit", sagte Weder di Mauro. (APA/Reuters)