Der Software-Konzern Microsoft soll in zwei Teile zerschlagen werden. Dieses Urteil fällte Mittwoch Abend in Washington der zuständige Bezirksrichter nach einem mehr als zweijährigen Kartellverfahren. Die Entscheidung folgt weitgehend der Klage des US-Justizministeriums und mehrerer Einzelstaaten, die dem Unternehmen den Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung und ein rücksichtloses Vorgehen gegen Konkurrenten vorgeworfen haben. Der Anfang eines neuen Kapitels in diesem Fall" Microsoft kündigte umgehend Berufung gegen das Urteil an. "Das ist der Anfang eines neuen Kapitels in diesem Fall", sagte Firmengründer Bill Gates. Der Richterspruch stehe im Widerspruch zu früheren Urteilen und zu den Realitäten auf dem Markt der Informationstechnologie. Während der Berufung werde Microsoft seine laufenden Projekte weiterentwickeln. Windows- und Office-Teil Das Unternehmen soll nach dem Spruch von Richter Jackson in zwei Teile zerlegt werden: eines für das Betriebssystem Windows, das seit 15 Jahren die Basis für den Erfolg von Microsoft bildet, und eines für Anwendungssoftware wie Microsoft Office und den Web-Browser Internet Explorer. Jackson gab dem Unternehmen vier Monate Zeit, um einen eigenen Plan für die Aufteilung vorzulegen. Bis dahin darf die Gesellschaft ihre interne Struktur nicht verändern, um auf diese Weise eine Zerlegung zu erschweren. Der Richter folgte in Strafmaß und Zeitrahmen dem Antrag des Justizministeriums, wonach die Aufteilung des Software-Konzerns in getrennte Unternehmen Innovationen fördern werde und der beste Weg sei, um den freien Wettbewerb in der Branche zu gewährleisten. Mit dem Justizministerium als Bundesbehörde hatten 19 US-Staaten Microsoft verklagt, von denen sich 17 dem Plädoyer für eine Aufteilung anschlossen. "Microsoft hat sich in der Vergangenheit als nicht vertrauenswürdig erwiesen." "Microsoft, wie es gegenwärtig organisiert ist und geführt wird, ist nicht bereit zu akzeptieren, dass es das Gesetz gebrochen hat oder einer Anordnung zuzustimmen, um sein Verhalten zu berichtigen", begründete Jackson sein Strafmaß. "Microsoft hat sich in der Vergangenheit als nicht vertrauenswürdig erwiesen." Das Justizministerium sprach in einer ersten Reaktion von einem "richtigen Gegenmittel für die schweren und wiederholten Verstöße Microsofts gegen die Kartellgesetze". Jackson hatte Microsoft am 3. April bereits wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung schuldig gesprochen. In dem Verfahren wurde Microsoft vorgeworfen, seine Stellung im Bereich der Betriebssysteme für PC missbraucht zu haben, um Konkurrenten zu schädigen. Auslöser der Klage im Mai 1998 war die Koppelung des Internet-Browsers von Microsoft mit Windows 98, mit der die ehemals dominierende Stellung des Konkurrenten Netscape auf dem Browser-Markt gebrochen wurde. Netscape hat inzwischen seine Selbstständigkeit verloren und ist von AOL übernommen worden. Microsoft kann nun innerhalb von 30 Tagen Berufung beim Appellationsgericht einlegen. Mit der eingehenden Begründung kann sich das Unternehmen noch länger Zeit lassen. Das Justizministerium hat aber die Möglichkeit, von einem selten genutzten Gesetz Gebrauch zu machen und das Appellationsgericht zu überspringen: Dann könnte der Fall abschließend vom Obersten Gericht überprüft werden. Doch auch dann wird es mindestens ein bis zwei Jahre dauern, ehe das Verfahren rechtskräftig entschieden ist. (APA/AP/Reuters)