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Kicker der Türkischen Republik Nordzypern mit dem FIFI Wild Cup. Die Nordzyprer gaben keinen Punkt ab, schlugen am Ende Sansibar mit 4:1.

Foto: Getty/ Bongarts
Hamburg - Den fünf Teams aus verschiedener Herren Länder war und ist eines gemeinsam, sie dürfen nicht an Qualifikationen für große Turniere wie dem FIFA World Cup teilnehmen. Ergo FIFI Wild Cup! Mit Gibraltar, Nordzypern, Grönland, Sansibar und Tibet. Im kultigen Stadion Millerntor des kultigen FC St. Pauli machte die "Republik St. Pauli"in der Vorwoche das Feld komplett, schließlich lassen sich fünf Teams schwer auf zwei Dreiergruppen verteilen.

Die FIFA, der Weltfußballverband, nimmt nur Verbände auf, die zu einem von der UNO anerkannten Staat gehören. Das ist laut Veranstalter ein "Pech für traditionsreiche Fußballvölker", das war ein Glück für Hamburg und täglich mehrere tausend Zuschauer, die sich das Spektakel nicht entgehen ließen. Ein Spektakel, wie es hieß, "ohne Spielerberater und ohne verweichlichte Kicker-Millionäre". Immerhin hatte auch das Kleinereignis etliche Sponsoren, wie Burger King oder smart, und Medienpartner gewonnen, DSF übertrug täglich, an den Finaltagen sogar live.

Gibraltar, Real Madrid

Traditionsreich? Teils teils. Die 1895 gegründete "Gibraltar Civilian Football Association"ist einer der zehn ältesten Fußballverbände der Welt. Ab 1901 wurde gegen britische Militärteams, zwischen 1949 und 1955 gegen spanische Erstligisten gekickt. Legendär ist ein 2:2 gegen Real Madrid aus dem Jahr 1949, heute gibt's mehrere Ligen mit insgesamt achtzig Vereinen.

Grönland wiederum betrachtet sich seit 1979 als von Dänemark weitgehend unabhängig. Größtes Problem der Fußballer soll die Tatsache sein, dass es auf der Insel keinen Naturrasenplatz gibt. Sepp Piontek war schon grönländischer Teamchef, und der Fußballverband nennt sich "Kalaallit Nunaanni Isikkamik Kattuffiat". Die Meisterschaft wird zwischen Mai und August in Turnieren abgewickelt, zu denen einzelne Klubs tagelang mit Segelbooten anreisen. Als Grönland am 30. Juni 2001 in Kopenhagen gegen Tibet antrat, waren wegen eines Transportstreiks nur zwei Stammspieler vor Ort. Kurzerhand wurden grönländische Studenten in Kopenhagen zusammengetrommelt, am Ende schaute ein 4:1 heraus.

Und doch war und ist dieses Match das wichtigste, weil erste, in der tibetischen Fußball-Geschichte. Der in Indien lebende Exil-Tibeter und Lehrer Karma Ngodup hatte das Training und die Reise organisiert und sich selbst zum er- sten Teamchef ernannt. Nach wie vor kommen die meisten Tibet-Kicker aus Indien, die Besten aber aus der Schweiz. Aus dem Team ragt Dorjee Tsawa heraus, er war zuletzt Stammspieler beim FC Schaffhausen in der obersten eidgenössischen Liga und hat wie etliche Teamkollegen seine Heimat und also das Land, für das er spielt, noch nie gesehen.

Republik St. Pauli

Veranstalter St. Pauli? Derzeit in der Regionalliga unterwegs, war aber schon erstklassig und schlug am 6. Februar 2002 den FC Bayern München mit 2:1, der selbst verliehene und auf T-Shirts gedruckte Titel "Weltpokalsiegerbesieger"war die logische Folge. Die "Republik St. Pauli", mehr oder weniger eine Spaßtruppe, dürfte in etwa gleich große Chancen auf eine Aufnahme in die FIFA haben wie die "Türkische Republik Nordzypern". Die ist immerhin von der Türkei anerkannt, was der UNO und der FIFA so bald nicht genügen dürfte, nichtsdestotrotz wird in Nordzypern in mehreren Ligen und mit viel Engagement sozusagen seit jeher schon gekickt.

Den Teamchef der Insel Sansibar, die als autonomer Bundesstaat zu Tansania gehört, gab der deutsche TV-Comedian Oliver Pocher. Er fand an seinem Job nichts Besonderes und meinte, er habe "von Jürgen Klinsmann gelernt, dass man tausende Kilometer von seiner Mannschaft entfernt leben kann und es trotzdem auf die Reihe bekommt". Die "Zanzibar Football Association", 1926 gegründet, ist stolz auf zwei 16er-Ligen und insgesamt 600 Fußballvereine, nicht übel für eine 800.000 Einwohner starke Insel.

Nullnummer Grönland

Tibet und das favorisierte Grönland gingen in Hamburg punktlos unter. Sansibar (2:1 gegen St. Pauli) und Nordzypern (2:0 gegen Gibraltar) erreichten das Finale, die Nordzyprer siegten 4:1. 2007 wollen sie den Titel verteidigen, St. Pauli will wieder veranstalten, nur die FIFA wartet bis 2010 mit der nächsten WM. Wo's doch beim FIFI World Cup auch nicht um Matches oder Partien geht. Sondern immer um "Begegnungen". (DER STANDARD, Printausgabe, Dienstag, 6. Juni 2006, Fritz Neumann)