London - Der britische Premierminister Tony Blair hat sich vier Tage nach einer umstrittenen und scheinbar erfolglosen Anti-Terror-Razzia hinter die Polizei gestellt. Er unterstütze die Erstürmung einer mutmaßlichen Bombenwerkstatt "zu 101 Prozent", sagte Blair am Dienstag. Zugleich wies er Vorwürfe zurück, wonach die Sicherheitskräfte gezielt hart gegen Moslems in London vorgingen. Die moslemische Gemeinde würde völlig die Notwendigkeit verstehen, den Terrorismus zu bekämpfen, erklärte der Regierungschef in einem Interview, das auf seiner offiziellen Internetseite verbreitet wurde.

Zuvor hatte ein führender Vertreter der moslemischen Gemeinden Kritik an der Großrazzia gegen die vermeintliche Chemiebomben-Werkstatt geäußert. Der Vorsitzende des Moslemischen Rats in Großbritannien (MCB), Muhammed al-Bari, verlangte genaue Auskunft über die Hintergründe der jüngsten Anti-Terror-Aktion. Die Suche nach einer chemischen oder biologischen Bombe oder Material zu deren Herstellung in dem gestürmten Londoner Haus blieb nach bisherigen Erkenntnissen ohne Erfolg.

"Vertrauen zerbricht"

Bari sagte bei einem Besuch des Ost-Londoner Viertels, in dem die Aktion stattgefunden hatte: "Es besteht die Gefahr, dass das Vertrauen zwischen der Gemeinschaft und der Polizei zerbricht. Die Gemeinschaft fühlt sich sehr verletzlich."

Scotland Yard rechtfertigte den Einsatz damit, dass die vorliegenden Erkenntnisse "keine andere Wahl" gelassen hätten. Zu Einzelheiten äußerten sich die Behörden zunächst nicht. Bei der Aktion mit rund 250 Beamten waren zwei Brüder aus Bangladesch im Alter von 20 und 23 Jahren festgenommen worden. Der ältere der beiden wurde durch einen Schuss aus einer Polizeipistole an der Schulter verletzt. Die Brüder befanden sich am Dienstag weiterhin in Polizeigewahrsam. Nach Angaben ihrer Anwälte beteuern sie ihre Unschuld. (APA/dpa)