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Die IAEO diskutiert heute über den jüngsten Bericht von IAEO-Chef ElBaradei (Bild) zum Atomprogramm des Iran. Die Sitzung steht im Zeichen des Angebots der UN-Vetomächte.

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Die IAEO berät heute, Mittwoch, über Irans Atomprogramm. Beschlüsse stehen nicht an: Die Staaten warten auf die Antwort Teherans auf einen Vorschlag zur Lösung des Atomstreits. Darin überwiegen die Karotten.

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Wien – Vier Seiten sollen den Streit um das iranische Atomprogramm lösen. Vier Seiten, in denen Punkt für Punkt aufgelistet ist, was die UNO-Vetomächte (USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China) und Deutschland dem Iran anbieten, um an den Verhandlungstisch zurückzukehren – und was passiert, falls „der Iran nicht kooperiert“.

In dem Paket, auf das sich die Staaten vor zwei Wochen geeinigt hatten und in das der STANDARD Einblick nehmen konnte, überwiegt das Zuckerbrot: Ganze drei Seiten nehmen die Karotten ein, die dem Iran winken. Bedingung ist, dass er „alle mit der (Uran-)Anreicherung und der (Brennstoff-)Wiederaufbereitung verbundenen Aktivitäten aussetzt“ und „dies während der Verhandlungen aufrechterhält“. Dies lehnt Teheran zwar ab. „Aber die Frage der Aussetzung gilt hier für den Zeitraum der Verhandlungen“, erklärte ein mit dem Papier vertrauter Diplomat. „Das heißt nicht, dass Teheran die Anreicherung nie wieder aufnehmen kann, wenn der Verhandlungsverlauf nicht Irans Erwartungen entspricht.“

Was bieten die Staaten? Neben Wirtschaftsanreizen wie der Lieferung von Flugzeugen und Flugzeugteilen und der Unterstützung für einen Beitritt zur Welthandelsorganisaton WTO vor allem Hilfe für ein ziviles Nuklearprogramms, einschließlich des „Baus von neuen Leichtwasserreaktoren mittels gemeinsamer Projekte“. In einem langfristig angelegten Abkommen könnten dann laut Paket rechtlich bindende Sicherheiten für die Versorgung Teherans mit Brennstoffen festgelegt werden.

Konkret nennt das Papier ein „internationales Brennstoffkreislauf-Zentrum in Russland“, dass das in der ausdrücklich genannten Anlage in Isfahan umgewandelte Uran anreichern würde. Implizit könnte das die Zusage sein, dem Iran langfristig die Umwandlung von Uran – eine Vorstufe zur Anreicherung – zu erlauben. Zudem stellen die Staaten den Bau eines Depots in Aussicht, das unter der Aufsicht der IAEO eine Fünf-Jahres-Reserve an Brennstoff für den Iran lagern könnte.

Dass die Staaten in Zukunft bereit sein könnten, weitere Zugeständnisse zu machen, deutet auch ein Absatz mit dem Titel „Überprüfung des Moratoriums“ an. Das Moratorium – die verlangte Aussetzung der Anreicherung – könnte demnach neu bewertet werden, sollte die IAEO dem Iran bescheinigen, alle offenen Fragen geklärt und das Vertrauen der Internationalen Gemeinschaft in die zivile Natur seines Nuklearprogramms wiederhergestellt zu haben.

Interpretation umstritten

„So wie ich das lese, wird dem Iran langfristig unter genau bestimmten Umständen eine begrenzte Anreicherung in Aussicht gestellt“, sagte ein Diplomat. „Aber da ist noch nichts spezifiziert – das ist sicher am weitesten weg.“ Andere Diplomaten bezweifeln dies: Überprüfung hieße nicht Aufhebung des Moratoriums.

Nicht genannt ist die von Experten geforderte US-Garantie, den Iran nicht militärisch anzugreifen. Zugesagt wird, wenig konkret, die „Unterstützung für ein zwischenstaatliches, regionales Sicherheitsforum“ für Länder der Region und „andere interessierte Staaten“ mit dem Ziel, „regionale Sicherheitsvereinbarungen“ zu erstellen, einschließlich „Garantien für territoriale Integrität und politische Souveränität“.

Sollte Teheran nicht kooperieren, wird der UNO-Sicherheitsrat laut Paket in einer Resolution nach Kapitel VII, Artikel 41 der UN-Charta Strafmaßnahmen beschließen. Artikel 41 bezieht sich auf nicht militärische Sanktionen, womit ein Waffengang zunächst nicht angedroht wird. Als mögliche Maßnahmen drohen Reise- und Visabeschränkungen, Einfrieren von Vermögen, ein Embargo auf Rüstungsgüter und Nukleartechnologie sowie eines für Exporte von Öl- und Gasprodukten aus dem Iran.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) berät voraussichtlich heute, Mittwoch, über Irans Atomprogramm. Konkrete Beschlüsse werde es nicht geben, sagten Diplomaten. „Wir warten alle auf die Antwort Teherans.“ (Julia Raabe/DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.6.2005)