Verständlich, dass Luis Aragones sofort auf die Euphorie-Bremse sprang. "Wir hoffen zwar nach all den Enttäuschungen in der Vergangenheit diesmal etwas beweisen zu können, doch wir haben schon in wenigen Tagen ein schweres Match gegen Tunesien zu bestreiten", so der Teamchef, der nur von Spiel zu Spiel denken will. Unterstützt wird er dabei von seinen Schützlingen. "Wir müssen mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben", betont Torhüter Iker Casillas.
Doch an diesem heißen Mittwochnachmittag demonstriere Spaniens Equipo vor den Augen von Kronprinz Felipe und dessen Ehefrau Letizia und weiteren 43.000 Zuschauern gegen den WM-Neuling Klasse. "Das Glück mit den zwei schnellen Toren zu Beginn war auch auf unserer Seite", meinte Aragones, der aber auch davon überzeugt ist, "dass wir, wenn wir tatsächlich zeigen, was wir können, zu den Top-Teams dieses Turniers gehören". Seine Erfolgsbilanz als Trainer kann sich mit 14 Siegen bei neun Remis wahrlich sehen lassen.
Die Freude über den "spektakulären und perfekten Start" (Xavi, der Mann des Spiels und Doppeltorschütze David Villa) war trotz aller offiziellen Zurückhaltung groß. Vor allem auch in der Heimat. Tausende feierten den Sieg auf der Plaza de Colon in Madrid, wo das Match auf einer großen Leinwand zu sehen war. "Wir sind auf dem Weg nach Berlin", sangen die begeisterten Aficionados. "Wir haben Brasilien, England, Argentinien, Deutschland gesehen und das Ergebnis ist, wir sind die Besten", verkündete "Marca" am Donnerstag als Schlagzeile. Besonders gepriesen wird Aragones für seinen Mut zur Offensive mit gleich drei Sturmspitzen: Villa, Torres und Luis Garcia.
Im Gegensatz zu den triumphierenden Spaniern herrscht bei den Ukrainern zunächst der reine Katzenjammer. Eine derartige Abfuhr hatte niemand erwartet. Oleg Blochin watschte seine Akteure verbal ab. "Die Spieler hielten sich nicht an ihre Anweisungen, ein 0:4 ist eine Schande und zeitweise spielten wir wie die schlechteste Mannschaft Europas", schimpfte der Teamchef, als Aktiver einst einer der besten Spieler der Welt.
Die große Hitze, die den Slawen wohl mehr als den Spaniern zusetzte, die zwei schnellen Verlusttore, die krasse Fehlentscheidung des Schweizer Schiedsrichters Massimo Busacca, der in der 47. Minute Waschtschuk nach einem "Nichtfoul" an Torres, das zum Elfertor für Spanien führte, die Rote Karte zeigte, wurden nur am Rande vermerkt. Stürmerstar Andrej Schewtschenko, nach seiner Verletzungspause noch nicht der "Alte", hing in der Luft und blieb wirkungslos.