Die Nestlé-Fabrik in York ist einer jener Orte vor denen Zahnärzte die Kinder warnen. Milch, Zucker und Kakao werden dort zu Schokolade zusammengerührt. Von den Bändern laufen Produkte wie Kitkat und Smarties. Pro Jahr immerhin 110.000 Tonnen. Und auch wenn zwischen den Hallen einige Grünflächen gepflegt werden, ist Nestlé nach wie vor ein Nahrungsmittelkonzern und kein landwirtschaftlicher Betrieb. Trotzdem kassierte das Unternehmen im Vorjahr 48 Millionen Euro an Agrarsubventionen aus dem Topf der EU.

Nestlé ist kein Einzelfall. Zahlreiche Konzerne werden von der EU mit Subventionen versorgt. Der US-Lebensmittelmulti Kraft etwa bekam vom Jahr 2000 bis 2006 rund 7,4 Millionen Euro aus der EU-Kasse. Der holländische Bierbrauer Heineken schluckte von 1999 bis 2004 knapp neun Millionen Euro. Der Tabakkonzern Philip Morris konnte in Holland zwischen 2000 und 2004 rund 6,5 Mio. Euro absahnen.

Dies geht aus Unterlagen hervor, die von einigen EU-Regierungen, darunter Holland, Großbritannien und Belgien auf Nachfrage öffentlich machten. In den meisten Ländern jedoch bleiben die Subventionsempfänger geheim. In Deutschland etwa sickern Informationen nur spärlich durch. Nestlé gesteht ein, dort im vergangenen Jahr 42.000 Euro erhalten zu haben.

Die Konzerne erhalten von der EU Geld zurück, wenn sie in der EU Agrargüter kaufen. Wenn etwa Nestlé in Großbritannien Milch kauft, um sie weiterzuverarbeiten, muss das Unternehmen den von der EU festgelegten Mindestpreis an die Landwirte bezahlen. Damit die Landwirte aber noch etwas an ihrer Milch verdienen liegt dieser Preis über dem Weltmarktpreis. Wenn Nestlé dann Kondensmilch exportiert, kann der Konzern beantragen, den Unterschied von der EU wieder zurückerstattet zu bekommen.

Produktion

"Wenn die Politiker wollen, dass große Verarbeiter in der EU kaufen, müssen sie einen Mechanismus finden, um den Preis zu senken", sagt Francois Perroud, Sprecher von Nestlé. Weil die EU-Subventionen in den Exportländern beantragt werden, sind es Länder mit großen Häfen, in denen die größten Beträge ausgezahlt werden. In den Niederlanden etwa bekam Nestlé von 1999 bis 2004 insgesamt über 377 Millionen überwiesen.

"Diese Agrarpolitik fördert vor allem Konzerne und große Landwirte", sagt Jack Thurston, Gründer von farmsubsidy.org, der auf seiner Website Informationen über die Empfänger zusammengetragen hat. Dort zu finden ist auch der weltgrößte Airline-Versorger Gate Gourmet. Zwischen 2000 und 2004 nahm die Firma allein in Großbritannien 1,46 Mio. Euro mit. Der Flugzeug-Caterer kauft Lebensmittel in der EU und rein rechtlich exportiert er diese Produkte bei einem Flug in ein anderes Land. Wird an Bord also EU-Butter auf das Frühstückstablett gelegt, bekommt Gate Gourmet zurückerstattet, was der Konzern für die Butter im Vergleich zum Weltmarktpreis zu viel bezahlt hat. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.6.2005)