Lieber dag,

wir Österreicher haben es schwer. Laut Hubertus Czernin (gestern retrospektiv auf Ö1) existiert hier zu Lande immer noch ein ungewöhnlich hoher Antisemitismus. Und wie ich selber immer wieder feststelle: eine große Ausländerfeindlichkeit. Und eine Türkenphobie. Und Angst vor Schwarzafrikanern. Und ein schöner, fetter Rassismus generell. Das alles kann man natürlich heutzutage nicht mehr so recht ausleben. Es sei denn, man will in die Nähe von FPÖ oder BZÖ geraten.

Aber wir Österreicher haben es auch wieder gut. Wir haben ja die Deutschen! Die sprechen zwar eigentlich dieselbe Sprache wie wir. Aber unser Deitsch is natirlich füh schehna. Außerdem sind die Deutschen ja eh auch Ausländer. Na bitte. Und daher: Die Deutschen spielen einen derben Fußball! Nämlich: Weil sie so derbe Namen haben (wie z. B. Schweinsteiger). Bruhaha, des is aber a echter Schenkelklopfer!

Würden Sie, lieber dag, solche Witze auch über jüdische Namen machen? Würden Sie es lustig finden, wenn ein deutscher Journalist schriebe, dass der Name Krankl den Zustand des österreichischen Fußballs treffend beschreiben würde. (Ein wenig angekrankelt. Ha ha.) Wissen Sie was, lieber dag?! Sie sollten die erste Seite des STANDARD nicht an einen solchen Unfug verschwenden. Es reicht doch durchaus das ganz "normale", übliche Deutschen-Bashing in unserem sonstigen österreichischen Alltag. Mit freundlichen Grüßen, Georg Danzer, 3041 Asperhofen PS: Dass meine Frau Deutsche ist, tut hier nur wenig zur Sache, aber ich will es nicht unerwähnt lassen.

Lieber Herr Danzer,

Sie haben schon Recht: Namen für Wortspielereien zu benutzen ist ein bisschen billig. Bei "Schweinsteiger tritt die Ecken von beiden Seiten" hat es mich aber einfach gejuckt zu fabulieren.

Bitte: Nicht immer alles so tierisch ernst nehmen! Gerade Ihnen, der so wunderschöne (meine Jugend bereichernde) Lieder wie den "Wixer-Blues" und den "Vorstadtcasanova" geschrieben hat, hätte ich mehr Verständnis für ironische Überzeichnung zugetraut. Das wissen wir doch ohnehin, dass Österreich, zum Beispiel im Fußball, eine kleine Würschtl-Nation ist. Ferner gilt als bekannt, dass die deutsche Mannschaft keinen grazilen Fußball spielt. Hier den Antisemitismus ins Spiel zu bringen, stimmt mich traurig. Liebe Grüße Daniel Glattauer (DER STANDARD Printausgabe 20.06.2006)