Die Verhandlungen der Welthandelsorganisation WTO stehen auf der Kippe. Das erklärte Ziel dieser Runde ist es, die Interessen der Entwicklungsländer besser zu berücksichtigen, sie stärker in den Welthandel einzubinden und ihnen auch eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. Das soll über die Öffnung der Märkte in den hoch subventionierten reicheren Ländern geschehen. Im Gegenzug sollen Entwicklungsländer die Handelsschranken für Industriegüter und Dienstleistungen aufheben.

Aber im Moment geht es gar nicht um die Interessen der Entwicklungsländer, sondern um jene der beiden mächtigen Blöcke USA und EU. Die beiden rechnen sich gegenseitig seit Monaten vor, wer wo wie nachgegeben hat.

Die Europäer haben vor allem im Bereich Landwirtschaft in den vergangenen Jahren sehr viel gemacht. Die noch von Ex-Agrarkommissar Franz Fischler konzipierte Reform sieht ein Umkrempeln des Agrarbereichs bis 2013 vor. Mit der Zuckermarktreform wurde nachgebessert. Die Europäer haben hier eine Bringschuld erbracht, aber auch aus eigenem Interesse waren hier Änderungen dringend notwendig. Das EU-Angebot bei den WTO-Verhandlungen deckt sich mit den bisher schon vereinbarten Kürzungen, geht aber nicht darüber hinaus. Gegenüber Produkten aus Ländern außerhalb der EU schottet man sich weiterhin ab. Damit haben Entwicklungs- oder Schwellenländer keine Chance, mehr von ihren Produkten in der EU abzusetzen, auch wenn dies für sie ein Mittel zur Selbsthilfe wäre, wodurch Entwicklungshilfe gespart werden könnte.

Aber mehr Bewegung ist bei den Amerikanern notwendig. Wenn das Reizthema Agrar endlich überwunden ist, dann kann man sich endlich auch der Liberalisierung in anderen Handelsbereichen zuwenden. Davon würden dann alle profitieren. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.6.2006)