Drei Monate nach den Parlamentswahlen und drei Tage vor dem Beginn einer möglichen Auflösung des Parlaments ist die Wiederauflage der Orangen Koalition in der Ukraine nun doch so gut wie fix. Eigenen Angaben zufolge haben die Orangen Parteien - "Nascha Ukraine"(NU) um Präsident Viktor Juschtschenko, Julia Timoschenkos BJuT und die Sozialisten - am Mittwoch die Koalitionsvereinbarung ausformuliert.

Da die Unterzeichnung durch die Parteimitglieder aussteht, wurde die Koalition aber noch nicht verkündet. BJuT und Sozialisten wollten am Mittwoch unterschreiben. Die NU nahm sich noch zwei Tage Zeit heraus - nach Meinung vieler, um Juschtschenkos Revolutionsfinancier, den Oligarchen Pjotr Poroschenko, als Parlamentssprecher durchzuboxen.

Gerade an der Besetzung der Schlüsselposten war die Einigung ständig gescheitert, weshalb NU zwischen BJuT und einer Koalition mit der im Osten starken Partei der Regionen (PR) lavierte. Die PR rund um Ex-Premier Viktor Janukowitsch hatte die Parlamentswahlen mit 32,14 Prozent souverän gewonnen und ist zuletzt auffällig aktiv geworden. Sie setzte Juschtschenko etwa mit Anti-Nato-Demonstrationen oder der Anerkennung des Russischen als Gebietssprache in einigen Regionen unter Druck. Timoschenko fuhr ihrerseits Geschütze auf, drohte mit einer unerbittlichen Opposition sowie einer Gegenkandidatur gegen Juschtschenko bei den Präsidentschaftswahlen 2009.

Offenbar hat NU Timoschenko, die bei den Wahlen mit 22,29 Prozent Zweite wurde und seither noch an Beliebtheit zulegen konnte, mehr gefürchtet und sich einverstanden erklärt, sie nun zum Premier zu machen. "Allein schon aus Gründen der Selbsterhaltung musste ,Nascha Ukraina'jetzt zustimmen. Ihre Beliebtheit hat sich seit den Wahlen (13,95 Prozent) halbiert", sagt der Politologe und BJuT-Abgeordneter Wolodymyr Polochalo dem Standard.

Obwohl die Koalition als brüchig gilt, glaubt Wladimir Malinkowitsch vom Institut für Politische Forschung in Kiew, dass Timoschenko sich nach dem Debakel ihrer ersten Amtszeit nun länger hält, da sie nach der Verfassungsreform mehr Vollmachten hat und ab Herbst für ein Jahr Immunität genießt: "Sie wird nun gemäßigter auftreten und mit dem Osten des Landes und Russland kokettieren." (DER STANDARD, Print, 22.6.2006)