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Ein Teil des "Mechanismus von Antikythera".

Bild: apa/EPA/CARDIFF UNIVERSITY

Es hat die Größe eines Schuhkartons, ist aus Bronze und stellt die Forschung seit Jahrzehnten vor Rätsel: Jetzt beginnen Forscher, dem mysteriösen "Mechanismus von Antikythera" allmählich seine Geheimnisse zu entlocken. Mit einem acht Tonnen schweren Scanner haben Wissenschafter das Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte Gerät durchleuchtet - und es als älteste astronomische Rechenmaschine der Welt identifiziert.

95 Prozent des Textes bekannt

Mehr als zweitausend Schriftzeichen wurden von den Forschern mit der neuen Methode freigelegt und weitgehend entziffert, berichtet der griechische Physiker Iannis Bitsakis. Damit seien jetzt rund 95 Prozent des Textes bekannt. Mehr als hundert Jahre nach ihrer Entdeckung in einem gesunkenen römischen Schiff vor der griechischen Insel Antikythera gibt die mysteriöse Maschine nach und nach ihre Geheimnisse preis.

Innenleben des Mechanismus

Der Riesenscanner, mit dem die Maschine vollständig durchleuchtet wurde, enthüllte das gesamte Innenleben des Mechanismus, der aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert stammt: Fünf Ziffernblätter, bewegliche Zeiger und rund dreißig Zahnräder, die vermutlich mit einer Kurbel bedient wurden, entdeckten britische und griechische Forscher bei ihren gemeinsamen Arbeiten. Das aus drei Bronze-Fragmenten bestehende Gerät, das etwa die Dimensionen einer 20 Zentimeter großen Schachtel hat, "muss eine Seltenheit, wenn nicht sogar ein Unikat sein", glaubt der Astrophysiker Xenophon Moussas.

Rechner

Dass es sich bei dem Apparat um einen astronomischen Rechner handeln müsse, hatte schon eine erste große Studie in den sechziger Jahren vermutet. Demnach konnten mit der Maschine wahrscheinlich Positionen von Sternen errechnet werden, auf jeden Fall die von Mond und Sonne, sowie vielleicht sogar astronomische Erscheinungen vorausberechnet werden, berichtet Moussas.

Geheimnis

Doch das Geheimnis des Mechanismus ist damit noch lange nicht gelüftet. "Das Puzzle, das wir zusammensetzen müssen, hat sehr viel mit den Kenntnissen in Astronomie und Mathematik in der Antike zu tun", sagt Moussas. "Vielleicht wird dieser Apparat einige Kapitel der antiken Geschichte neu schreiben." Auch Bitsakis sieht die größte Herausforderung darin, "den Mechanismus in einen wissenschaftlichen Zusammenhang zu bringen. Er kommt für uns wie aus dem Nichts und widerspricht den vorherrschenden Thesen über die geringen technischen Kenntnisse der griechischen Antike".

Philosophen

Dabei helfen sollen auch Untersuchungen an anderen Gegenständen, die mit dem Apparat auf dem gesunkenen römischen Schiff gefunden wurden. So wollen die Wissenschaftler Hypothesen überprüfen, die auf Berichten Ciceros beruhen und den Mechanismus dem griechischen Philosophen Poseidonios zuschreiben. Dieser hatte auf Rhodos eine angesehene Stoiker-Schule gegründet. "Rhodos und Alexandria waren große Zentren der Astronomie", erzählt Moussas, "vielleicht brachte das Schiff auf diesen Inseln geplünderte Schätze nach Rom zurück".

Reisen muss der Mechanismus für die Forschungen nicht: Er ist im Archäologischen Museum in Athen ausgestellt, und welche Untersuchungen auch immer an ihm vorgenommen werden sollen - sie werden wie bei dem Acht-Tonnen-Scanner so organisiert, dass das wertvolle Stück nicht beschädigt wird.(Apa)