In der Schweiz muss sich erstmals ein Vertreiber von Bauanleitungen für Computerviren vor Gericht verantworten. Nach einem Bericht des Tagesanzeigers hatte der Mann im Jahr 1996 über 3000 CDs der amerikanischen Group 42 importiert, um diese in Europa zu verkaufen. Die Gruppe machte sich Anfang der 90er-Jahre einen Namen in der Hackerszene und verbreitete ihr Wissen über Viren, trojanische Pferde und das Knacken von Passwörtern im Internet und auf CD-ROM. Allerdings bot sich dem Importeur wenig Gelegenheit, die Silberlinge an den Mann zu bringen, da ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Informatik Anzeige wegen "Datenbeschädigung" gegen den Importeur erstattete. Die Anzeige stützte sich auf den Artikel 144bis des Schweizer Strafgesetzbuchs. Dieser stellt nicht nur tatsächliche Zerstörung oder Beeinflussung elektronischer Daten, sondern auch das Herstellen, Anpreisen oder Inverkehrbringen von Programmen, mit denen Daten zerstört werden können, unter Strafe. Nichts verbotenes Der Angeklagte, der für mehrere Banken und Telekommunikationsunternehmen als Sicherheitsberater arbeitet, ist sich hingegen keiner Schuld bewusst. "Ich habe nichts Verbotenes getan. Auf der CD befinden sich keine Viren. Informationen über deren Programmierung müssen aber frei zugänglich sein, damit man sich überhaupt gegen sie wehren kann." Darüber hinaus sei ein Virus lediglich "ein Programm, das sich selbst vervielfältigt. Das ist nicht Illegales. Ob etwas damit beschädigt wird, hängt vom konkreten Einsatz ab", untermauert der Beschuldigte seine Begründung. Sollte sein Mandant verurteilt werden, befürchtet Verteidiger Adriel Caro weitreichende Folgen: Als nächstes müssten "zahlreiche Professoren zur Rechenschaft gezogen werden, die an Universitäten das Programmieren von Viren demonstrieren." Er plädierte auf Freispruch. Aufs Schärfste kritisierte die Verteidigung die Rolle Claudio Frigerios, der den Fall zur Anzeige gebracht hatte. Frigerio selbst hatte maßgeblich an der Ausarbeitung des neuen Paragraphen 144bis mitgewirkt, der nun angewandt werden soll. Zudem stammt ein in der Klageschrift abgedrucktes Sachverständigengutachten ebenfalls aus der Feder Frigerios, während ein von der Universität Zürich erarbeitetes Gutachten von der Anklage ignoriert worden sei, moniert der Anwalt. In Deutschland wäre ein solcher Prozess derzeit nicht möglich, da das deutsche Recht den alleinigen Vertrieb potenziell gefährlicher Programme nicht unter Strafe stellt. (Heise)