Wien - BP Austria verordnet sich nach dem zweiten Verlustjahr in Folge heuer einen strikten Sparkurs, der auch den Abbau von zirka 70 der Ende 2005 rund 430 Mitarbeiter umfassen wird. Vor allem wegen enttäuschender Margen im Mineralölprodukte-Geschäft, die eine drastische Abwertung bei Tankstellen im Ausmaß von rund 15 Mio. Euro erfordert hätten, blieben unterm Strich 11,5 Mio. Euro Jahresverlust. Wegen des Mitarbeiter-Sozialplans, der über 20 Mio. Euro kostet, wird man auch heuer keine schwarzen Zahlen schreiben, sagte BP-Austria-Generaldirektor Hans Strassl am Donnerstag.

Das Programm zur Effizienzsteigerung bei BP Austria, Teil einer europaweiten Strategie des Konzerns im Refining & Marketing mit dem Abbau von insgesamt 2.500 der 28.000 R&M-Jobs, sieht Maßnahmen vor, die sich zu 60 Prozent im Sachkostenbereich und zu 40 Prozent bei den Personalkosten auswirken sollen. Vorgesehen ist auch bis zum 2. Halbjahr die - schon seit Jänner bekannte - Abgabe von 100 der zuletzt 562 Tankstellen, wobei auch ein Umflaggen auf eine andere Marke denkbar wäre. Ob das Headquarter vom Schwarzenbergplatz in Wien nach Wiener Neudorf in NÖ verlegt wird, soll bis August klar sein.

Der "extrem starke Wettbewerb" in Österreich lasse es nicht zu, die ständig steigenden Einstandspreise am Markt zu realisieren, sagten Strassl und der seit März für das Tankstellengeschäft zuständige neue BP-Austria-Vorstand Huub Stokman beim Bilanzpressegespräch. Bei der BP Austria AG hat sich das Minus von 24,2 auf 12,7 Mio. Euro verringert, bei der BP Austria Marketing GmbH. besserte es sich wegen Einsparungsmaßnahmen auf -0,2 (-18,6) Mio. Euro. Die bilanziellen Sondereffekte - hauptsächlich ao. Abschreibungen im Tankstellensektor - belasteten das operative Ergebnis der BP Austria AG mit 5,1 Mio. Euro und jenes der BP Austria Marketing GmbH mit 10,9 Mio. Euro.

Größte Marktpräsenz am Treibstoffsektor

Am Treibstoffsektor hat BP nach eigenen Angaben mit zirka 23 Prozent Anteil weiterhin die größte Marktpräsenz mit "einer" Marke. Von den 2.833 Tankstellen Ende vergangenen Jahres entfielen 567 auf BP und 572 auf die OMV, jedoch samt Avanti und Stroh. Auf Platz 3 lag Shell mit 322, gefolgt von Esso mit 184 und Agip mit 171 Stationen.

2005 setzte BP Austria Marketing rund 2,3 (2,5) Mio. t Treib- und Brennstoffe ab, die BP Austria AG erneut weitere rund 0,14 Mio. t. Der BP-Austria-Umsatz erhöhte sich auf 1,571 (1,184) Mrd. Euro. Das Tankstellen-Shopgeschäft stagnierte im Vorjahr bei 163 Mio. Euro.

Der Mineralölprodukte-Gesamtmarkt wuchs 2005 zwar um 3,4 Prozent auf 12,81 Mio. t und der Treibstoffmarkt um 2,8 Prozent auf 8,296 Mio. t - der Absatz an Vergaserkraftstoffen sank aber um 3,1 Prozent auf 2,068 Mio. t. Namhafte Zuwächse gab es nur bei Diesel - +4,9 Prozent auf 6,228 Mio. t - und Heizöl extraleicht mit +12,0 Prozent auf 1,864 Mio. t. Heuer bis Mai sank der Vergaserkraftstoff-Absatz weiter um geschätzte 3,6 Prozent, bei Diesel stieg er dagegen um 1,8 Prozent. Heizöl extraleicht legte bis Mai um 13,5 Prozent zu. Der gesamte Ölprodukte-Absatz dürfte in den ersten fünf Monaten um 3,2 Prozent gewachsen sein, der Treibstoffmarkt aber nur um 0,5 Prozent.

2030 bis zu 30 Prozent Biokraftstoffe denkbar

Im Jahr 2030 könnte der Biokraftstoff-Anteil bei Treibstoffen im Transportsektor weltweit bereits auf einen Anteil von 20 bis 30 Prozent kommen, ist BP-Austria-Chef Hans Strassl überzeugt. Dies setze allerdings auch die Entwicklung neuer Biofuels bis zur Marktreife vor, wie dies etwas BP in einer Partnerschaft mit DuPont plane. Zusammen mit British Sugar wolle man in Großbritannien eine Ethanol-Fermentierungsanlage für die Produktion von Bioethanol umbauen. Nächster Schritt sei dann die Produktion von Biobutanol, das eine größere Energieausbeute erlaube und bis zu einem Anteil von 15 bis 17 Prozent konventionellem Kraftstoff beigemischt werden könnte.

Insgesamt wuchs laut dem am Donnerstag auch in Wien vorgelegten BP-Welt-Energiebericht 2006 die Nachfrage nach Energie global 2005 deutlich langsamer als im Jahr zuvor: nämlich - schalttagbereinigt - um 2,7 Prozent nach 4,4 Prozent. Hintergrund ist offenbar eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch in den USA und China. So sank in den USA bei 3,5 Prozent Wachstum der Energieverbrauch um 0,1 Prozent. Sondereffekt waren dabei wohl die schweren Stürme im Sommer: Der Nachfrageabfall wurde vor allem in den Monaten danach registriert, als die Preise in die Höhe schnellten.

Nachfragekurve flacht ab

Auch im energiehungrigen China flachte die Nachfragekurve etwas ab. Hatte der Zuwachs beim Energiebedarf 2004 bei 15,5 Prozent gelegen, waren es 2005 noch 9,5 Prozent - obwohl das Wirtschaftswachstum unverändert bei 9,9 Prozent lag. Für die weltweiten Märkte spielte dem BP-Bericht zufolge vor allem eine Rolle, dass Engpässe bei der Stromgewinnung unter anderem durch Wasserkraft verringert wurden. Folglich sank der Bedarf an Kohle zur Verstromung. China ist dem Bericht zufolge gleichzeitig größter Produzent und Abnehmer von Kohle.

Auch bei Öl sorgten sinkender Verbrauch in China und den USA für insgesamt geringeres Wachstum der Nachfrage: Stieg der Verbrauch 2004 noch um 1,8 Mio. Barrel pro Tag, so war es 2005 noch eine Million Barrel. Andererseits wuchs die Produktion um 889.000 Barrel pro Tag und damit weniger als erwartet, wie es in dem Bericht heißt. Hier spielten wiederum die Hurrikanes eine Rolle, ebenso wie Sicherheitsprobleme im Irak, Produktionsrückgänge in Großbritannien und Norwegen sowie geringere Steigerungsraten in Russland eine Rolle.

Erneuerbare Energien spielen weltweit trotz hoher Steigerungsraten noch eine geringe Rolle. So deckt Windkraft derzeit 0,7 Prozent des weltweiten Strombedarfs, wie es in dem Bericht heißt.

Keine Knappheit an Öl

Dafür, dass der Ölpreis lang anhaltend unter 60 Dollar pro Fass sinken wird, gebe es kurzfristig wenig Hoffnung, hatte der stellvertretende BP-Chefökonom Christof Rühl am am Donnerstag vor einer Woche bei der Präsentation des Berichts in Berlin gesagt. Mittelfristig sei mit einem Preisrückgang zu rechnen. Aber vor 2010 werde der Preis trotz ausreichender Ölreserven kaum länger unter 40 Dollar sinken. Das Ölkartell der Förderländer werde einen stärkeren Preisrückgang verhindern.

Eine Knappheit an Öl werde es auf absehbare Zeit weltweit nicht geben, betonte Rühl weiter. Er verwies darauf, dass weiter mehr Ölreserven entdeckt als verbraucht würden. "Jedes Fass Öl ist mindestens ersetzt worden." Allerdings stiegen die Reserven im Jahr 2005 nur noch um 0,55 Prozent. In der Spanne zwischen 1985 und 1995 waren es noch durchschnittlich drei Prozent. (APA)