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Nick Heidfeld, Mario Theissen, Peter Sauber und Jacques Villeneuve auf Erfolgskurs.

Foto: APA/ Jensen
München/Hinwil - Vor exakt einem Jahr, am 22. Juni 2005, hat BMW in München den Kauf der Mehrheitsanteile am Formel-1-Team Sauber bekannt gegeben. BMW-Motorsport-Direktor Mario Theissen nutzte das Jubiläum für eine Zwischenbilanz.

Wie oft haben Sie gezweifelt, ob der Schritt zum eigenen Team der richtige war?
Theissen: "Zu keiner Sekunde. Es war die einzig richtige Entscheidung. Der Schritt, mit einem von BMW geführten Team anzutreten, basierte auf verschiedenen Erkenntnissen, die wir in unserer Zeit als Motorenpartner gewonnen haben. Ein Aspekt ist, dass die Bedeutung des Motors als Erfolgsfaktor generell etwas zurückgegangen ist. Vor allem aber waren und sind wir überzeugt davon, dass Erfolg nur über durchgängige Strukturen zu erreichen ist."

Wie sieht Ihre Zwischenbilanz nach acht Rennen aus?
Theissen: "Sehr erfreulich. Wir haben in sechs von acht Grand Prix' Punkte geholt und sind zweimal mit beiden Autos in die Punkte gefahren. Vor allem das Rennen zuletzt in Silverstone war ein echter Erfolg für uns. In England waren wir am gesamten Wochenende vierte Kraft im Feld. Von der Ausgangsposition des vergangenen Jahres ist das ein klarer Sprung nach vorn."

Abgesehen von den Resultaten, sind Sie mit den Fortschritten des Teams zufrieden? Theissen: "Ein Formel-1-Team auf die Beine zu stellen, ist nie einfach. Auch wenn man auf die Ressourcen eines Automobilherstellers und auf die bereits bestehende Infrastruktur eines Teams zurückgreifen kann. Wir befinden uns mitten in einer zweijährigen Aufbauphase. Ich ziehe den Hut vor dem, was die gesamte Mannschaft in München und Hinwil in den vergangenen Monaten geleistet hat. Sie hat praktisch rund um die Uhr gearbeitet."

Kann Ihre Aerodynamikabteilung schon mit den großen Teams mithalten?
Theissen: "Was den Windkanal selbst angeht, ist die Anlage in Hinwil exzellent, eine der besten, wenn nicht die beste überhaupt. Allerdings hat die Personalkapazität früher nur zu einem Einschichtbetrieb gereicht. Die Top-Teams nutzen ihre Anlagen rund um die Uhr, das ist Standard. Seit Jänner sind wir immerhin in der Lage, in zwei Schichten zu arbeiten. Bis Jahresende soll auch bei uns der Drei-Schicht-Betrieb Realität sein. Die Steigerung des Entwicklungstempos trägt Früchte. Wir haben uns vorgenommen, zu jedem GP Verbesserungen in Form von erprobten Neuteilen parat zu haben. Das gelingt uns fast immer."

Wie steht es um Zielvorgaben für die zweite Saisonhälfte 2006?
Theissen: "Wir hatten uns für unser Debütjahr vorgenommen, den Rückstand von 1,5 Sekunden pro Runde, den die Sauber-Fahrzeuge 2005 auf die Spitze hatten, zu halbieren und den achten Platz der Konstrukteurs-WM zu verbessern. Das bleiben unsere Ziele für 2006. Wir liegen gut auf Kurs, sie zu erreichen."

Das BMW Sauber F1 Team liegt derzeit auf Rang fünf in der Konstrukteurs-WM, ist jetzt sogar noch der vierte Platz in Reichweite?
Theissen: "Wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Natürlich orientiert man sich immer an den Teams, die vor einem liegen und schaut nicht zurück. Aber wenn wir Platz fünf bis zum Saisonende verteidigen können, haben wir ein erstes Etappenziel erreicht."

Wie beurteilen Sie das Kräfteverhältnis in der Formel-1-Saison 2006 generell?
Theissen: "Wir haben eine Situation, die so noch nie da war. Teams und Autos sind sehr ausgeglichen und liegen extrem dicht beieinander. Mich überrascht diese Leistungsdichte. Niemand kann sich sicher fühlen, den letzten Durchgang des Qualifyings zu erreichen. Alle Teams müssen sich darauf einstellen, dass der Kampf um die Top Ten sehr interessant bleibt."

Wie sehen Sie denn die Zukunft der Formel 1? Theissen: "Auf der kommerziellen Seite gibt es eine Verständigung zwischen Teams, Herstellern und den Rechteinhabern. Auf dieser Basis soll in den nächsten Wochen ein neues Concorde-Agreement formuliert werden. Gleichzeitig hat die FIA ihre Vision von der langfristigen Entwicklung der technischen und sportlichen Ausrichtung vorgelegt. Wenn auch auf diesem Sektor die verschiedenen Interessen unter einen Hut gebracht werden können, hat die Formel 1 alle Voraussetzungen für eine sehr erfolgreiche Zukunft." (APA)