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Würmer schwimmen im Mescal - therapeutisch werden Peitschenwürmer vielleicht erst in ein paar Jahren im Einsatz sein

Foto: REUTERS/Aubrey Washington
East Lansing/USA - Ein Cocktail aus Eiern bestimmter Bandwürmer soll gegen chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa helfen. Dafür sprechen die Erkenntnisse der Parasiten-Expertin Linda Mansfield von der Universität von Michigan.

Schwere Autoimmun Erkrankung

Seit Jahren erforscht die amerikanische Mikrobiologin, ob sich Darmparasiten wie der Schweine-Peitschenwurm gegen die Autoimmun-Erkrankungen nutzen lassen. Symptome der bisher nicht heilbaren Krankheiten sind Bauchkrämpfe und Durchfall bis hin zu Darmblutungen. "Viele Patienten sind extrem geschwächt", sagt Mansfield. "Manche haben im Jahr über 250 Durchfall-Schübe, viele können nicht mehr arbeiten."

Krankheit der Industriestaaten

Auffällig an diesen Erkrankungen ist, dass sie in Entwicklungsländern praktisch nicht vorkommen, während sie in den Industrieländern immer stärker zunehmen. Manche Forscher erklären dies mit der dortigen Ernährung, die stark auf Fetten und behandelten Lebensmitteln beruht.

"Unausgebildetes" Immunsystem

Andere Experten wie Mansfield glauben, dass die in westlichen Ländern hohen Hygienestandards zu dem Problem beitragen. Ihrer Ansicht nach sind regelmäßige Infektionen die Voraussetzung dafür, dass sich das Immunsystem ordentlich entwickeln kann. "Wenn wir in einer sterilen Umgebung leben", sagt Mansfield, "halten wir viele Dinge von uns fern, die zur Bildung unseres Immunsystems beitragen."

Schmutz - ein therapeutischer Wert

Folgt man dieser Logik, dann hätte der Kontakt zu Schmutz, Bakterien oder Würmern einen therapeutischen Wert. Möglicherweise, sagt die Expertin, habe sich das menschliche Immunsystem in der Entwicklungsgeschichte des Menschen auf den steten Kontakt mit parasitischen Würmern eingestellt.

Überaktives Immunsystem

Mit dieser Idee steht Mansfield nicht allein. "Als es früher noch mehr Würmer gab, waren diejenigen Individuen am gesündesten, deren Immunsystem mit allen Erregern fertig wurde", erläutert der Forscher David Elliott von der Universität Iowa. "Aber ohne Würmer wird ihre Körperabwehr überaktiv, so dass Krankheiten entstehen können."

Peitschenwurmeier statt Tabletten

Zusammen mit Kollegen hat Elliott schon vor einigen Jahren CED-Patienten mit einem Cocktail aus Peitschenwurm-Eiern behandelt - mit Erfolg. Die Beschwerden gingen bei Colitis ulcerosa um 50 Prozent zurück, bei Morbus Crohn sogar um 70 Prozent.

Entzündungshemmende Wirkung

Mansfield studierte ursprünglich vor über einem Jahrzehnt Peitschenwurm-Infektionen bei Schweinen, damals noch mit dem Ziel, einen Impfstoff gegen die Parasiten zu entwickeln. Dann aber bemerkte sie, dass die Peitschenwurm-Infektionen eine starke entzündungshemmende Immunreaktion auslösten.

Auch beim Menschen können diese Würmer die Darmentzündung hemmen und, sagt Mansfield, "das Immunsystem wieder ins Gleichgewicht bringen".

Keine Nebenwirkungen

Probleme sind bei dieser Therapie, abgesehen vom Ekel bei der Einnahme, kaum zu befürchten. Die meisten Menschen scheiden die Schweine-Peitschenwürmer binnen weniger Wochen wieder aus, bei den übrigen können die Parasiten mit Wurmmitteln entfernt werden.

Therapie erst in Testphase

"Wenn die mir sagen würden 'Das ist es. Iss diese Würmer!', dann würde ich das tun", sagt Linda Rockey, die seit über 30 Jahren an Morbus Crohn leidet. "Ab einem bestimmten Punkt probiert man alles." Noch aber ist es nicht so weit. Um von der US-Behörde FDA eine Zulassung zu erhalten, muss die Peitschenwurm-Therapie noch einige Tests überstehen.(APA/AP)