Darf man fragen, welchen tieferen inneren Sinn es hat, wenn die neuen Angestellten der Universitäten von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, die Angestellten aller anderen Forschungseinrichtungen jedoch von der GPA vertreten werden? Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Hier ist es offensichtlich der GÖD gelungen, ihr Interesse an sich selbst gegen den Gesichtspunkt der gemeinsamen Vertretung all derer, die dieselben Interessen haben, durchzusetzen. Oder welchen Sinn macht es, wenn Textilgewerkschaft und Metallgewerkschaft zusammengehen? Darf man fragen, ob es nicht sinnvoll wäre, alle Handelsbediensteten würden gemeinsam betreut? Heute teils GPA, teils HTV, morgen teils durch die fusionierten Eisenbahner-, Transportarbeiter- und Gastgewerbegewerkschaft und die GPA. Wobei die Fusion der Transportarbeitergewerkschaft mit der Eisenbahnergewerkschaft ein geradezu historischer Schritt in die richtige Richtung ist. Oder welchen Sinn macht es, wenn die Telekommitarbeiter in den neueren Unternehmen von der GPA, die der Telekom Austria von der Postgewerkschaft vertreten werden?
Bei allem Verständnis für gewachsene Beziehungsstrukturen muss doch eines im Vordergrund stehen: optimale Mitgliederbetreuung. Und dafür sind Gewerkschaftsfusionen entlang der Zu- bzw. Abneigung ihrer Spitzen nicht die Lösung. Gerade in Zeiten raschen Strukturwandels – in der Wirtschaft und im Bereich bisher öffentlich wahrgenommener, dann ausgegliederter, später allenfalls privatisierter Aktivitäten – braucht es Betreuungsstrukturen, die rasch und ohne großen Aufwand an die geänderten Verhältnisse angepasst werden können. Und da wäre die Überwindung der heutigen Grenzen zwischen den Teilgewerkschaften zugunsten einer Einheitsgewerkschaft wesentlich zweckmäßiger. Hinzu kommt, dass auch die Wahrnehmung der Gewerkschaftsaufgaben auf europäischer Ebene nicht nur immer wichtiger wird, sondern auch eine starke Vertretung braucht. Wie stark aber können da Einzelgewerkschaften sein?