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Israelische Panzer in der Nähe des Kibbutz Mefalsim an der Grenze zum Gaza-Streifen.

Foto: AP/Ariel Schalit
Washington/Tel Aviv/Prestwick/Jerusalem - In Erwartung eines Angriffs der israelischen Armee haben Palästinenser am Dienstag im Norden des Gaza-Streifens Erdwälle aufgeschüttet und Stacheldraht-Hindernisse errichtet. In den Straßen patrouillierten Männer mit Sturmgewehren und Panzerfäusten. Auf der anderen Seite der Grenze am Nismit-Hügel sind rund 100 israelische Kampfpanzer und gepanzerte Truppentransporter aufgezogen.

Nach der Entführung eines israelischen Soldaten in den Gazastreifen wächst der internationale Druck auf die Palästinenser. Die US-Regierung und die Vereinten Nationen forderten am Montag die sofortige Freilassung des Soldaten und äußerten zugleich Besorgnis über eine weitere Eskalation.

Rice telefonierte mit Abbas

US-Außenministerin Condoleezza Rice telefonierte mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas. Abbas habe versichert, dass auch er die Freilassung des am Sonntagmorgen verschleppten Soldaten wolle, sagte Außenamtssprecher Sean McCormack. Rice habe klar gemacht, dass die Palästinenserführung alle gewaltsamen Aktionen stoppen müsse.

Ein Sprecher der Hamas-Regierung äußerte Mitgefühl für den entführten Soldaten. "Ich bin ein Mensch, und ich fühle wie seine Mutter und sein Vater es tun, und ich weiß, wie es ist, ein Gefangener zu sein", sagte Ghazi Hamad am Dienstag in einem Interview des israelischen Militärrundfunks. Hamad war fünf Jahre lang in Israel im Gefängnis gesessen. Dem Soldaten dürfe nichts geschehen, appellierte der Regierungssprecher an die Geiselnehmer. "Wir wollen keine Situation des Blutvergießens, hier oder dort", sagte Hamad.

Olmert droht

Ministerpräsident Ehud Olmert drohte mit einem umfassenden und langwierigen Militäreinsatz im Gazastreifen, aus dem Israel 2005 nach jahrzehntelanger Besatzung abgezogen war. Außerdem kündigte Israel an, es werde ranghohe Vertreter der radikalen Hamas-Bewegung töten, auch den in Syrien lebenden Hamas-Anführer Khaled Mashaal. Medienberichten zufolge plant Israel zudem, die Lebensmittel-, Gas- Wasserversorgung des Gazastreifens zu unterbrechen.

Eliezer: Israel könnte halbes palästinensisches Kabinett entführen

Der israelische Infrastrukturminister Benjamin Ben-Eliezer warnte die Palästinenser unterdessen vor weiteren Eskalationen. "Wenn man einmal mit Geiselnahmen anfängt, dann hätte Israel kein Problem damit, in den Gaza-Streifen einzumarschieren und die Hälfte der palästinensischen Regierung zu entführen", sagte er im Militärrundfunk. Verhandlungen über einen Austausch des verschleppten Soldaten gegen palästinensische Häftlinge lehnte der Minister von der Arbeitspartei ab.

Zugleich drohte Ben-Eliezer dem Exil-Chef der palästinensischen Hamas-Organisation, Khaled Meshaal. Für Menschen, die sich auf Terrorismus einließen, gebe es keine Immunität, insbesondere, wenn sie die "extremistischste Linie" verfolgten, sagte Eliezer. Dies gelte ganz explizit für Meshaal. Die Tageszeitung "Haaretz" berichtete, der Hamas-Chef, der in Damaskus lebt, habe eine Freilassung des verschleppten Soldaten verhindert.

Verletzte bei Raketeneinschlag in Sderot

Unterdessen gab es kein Anzeichen für eine Entspannung der Lage. Am Abend schlug in der israelischen Kleinstadt Sderot eine palästinensische Kurzstreckenrakete ein. Nach Angaben israelischer Medien wurden mehrere Menschen leicht verletzt. Die Rakete habe einen Strommast getroffen und die Stromversorgung unterbrochen. Vor dem Haus des in der Ortschaft wohnenden Verteidigungsministers Amir Perez hätten sich Einwohner zu einem spontanen Protest versammelt.

Grenzübergänge geschlossen

Eine israelische Militärsprecherin bestätigte am Dienstag, alle Übergänge in das autonome Palästinensergebiet am Mittelmeer seien vollständig geschlossen. Es gebe auch keine Ausnahmen für humanitäre Fälle und die Einfuhr von Medikamenten. Dieser Zustand dauere bereits seit der Entführung von Gilad Shalit am Sonntag an.

Der Sender meldete unter Berufung auf das Büro von Ministerpräsident Ehud Olmert, es sei in den kommenden Tagen mit einer Benzinknappheit im Gazastreifen zu rechnen. Nach Angaben des Senders dementierte ein Armeesprecher jedoch Medienberichte, denen zufolge Israel als Druckmittel die Stromversorgung des Gazastreifens unterbrechen will, bis der Soldat freigelassen wird. Der Sprecher wies auch Berichte über eine Frist zur Freilassung Shalits zurück. (APA/dpa/Reuters/AP)