Kernfrage sei, wie man zu deutlich effizienteren Systemen kommen könne und der Bürger im Katastrophenfall nicht Bittsteller, sondern Vertragspartner sei, so Ederer. Die Versicherungswirtschaft sei bereit, mit der öffentlichen Hand ein gemeinsames Modell zu erarbeiten. Ein wichtiger Schritt sei das von Umweltministerium und Versicherungswirtschaft gemeinsam ins Leben gerufene System Hora (Hochwasser-Zonierung), in dem die Hochwasser- und Erdbebengefährdung via Internet abrufbar ist. Damit sei die Grundlage für die Kalkulierbarkeit von Risiken geschaffen worden. Bei einem rein marktwirtschaftlichen Modell würden sich Angebot und Nachfrage nicht treffen. So bestehe beispielsweise in der Zone 1 (stärkste Gefährdung) eine starke Nachfrage nach Versicherungsschutz, von Seite der Versicherer gebe es aber eine starke Abneigung, diesen zu gewähren. Anzustreben sei daher eine möglichst große Risikogemeinschaft, also möglichst viele Versicherungsnehmer. Das Problem der Risiken bei Naturkatastrophen sei nur gemeinsam - Staat, Versicherungen und Versicherte - zu lösen.
Gutes Bild über Risikobestände
Mit Hora werde man relativ zügig ein gutes Bild über die Risikobestände in den einzelnen Versicherungen haben. In Deutschland beispielsweise liegen 1,5 Prozent aller Gebäude in Hochrisikozonen, so Gerhard Berz, ehemaliger Leiter der GeoRisikoForschung der Münchener Rück. 4 Prozent lägen in Zone 1 und 2, und die Nachfrage sei auf die Hochrisikozonen konzentriert. In Österreich dürften wegen geografischer Besonderheiten ein größerer Anteil von Gebäuden auf die Hochrisikozonen entfallen, so Ederer.
Eine Pflichtversicherung wäre jedenfalls teurer als die derzeitige Steuerfinanzierung, meinte Sinabell. Die Jahresprämie für einen Haushalt würde aber unter 100 Euro liegen. In Deutschland liegt die Prämie für ein Einfamilienhaus in einer mittelgefährdeten Lage laut Berz bei durchschnittlich rund 50 Euro im Jahr. Für die Leistungen aus dem Katastrophenfonds in Österreich werden laut Sinabell je Haushalt in normalen Jahren zwischen 4 Euro (Oberösterreich) und 15 Euro (Tirol) ausbezahlt. Wie sich die Versicherungsprämien im Fall einer Pflichtversicherung entwickeln könnten, werde derzeit noch berechnet.
Beispiel Schweiz
Ein gutes Beispiel sei die Schweiz, so Sinabell. Es gibt eine Pflichtversicherung mit - je nach Kanton - differenzierten Prämien, wobei die Prämienunterschiede nicht sehr hoch sind. In England gibt es ein freiwilliges System, wobei allerdings eine Naturkatastrophen-Paket Bestandteil der Standardversicherungen ist. Die Prämien sind relativ stark differenziert. Dazu kommen hohe Selbstbehalte. Allerdings könne das Schweizer Modell in Österreich nicht einfach "abgekupfert" werden, räumte Sinabell ein. Sinnvoll wäre aber für Österreich eine Pflichtversicherung mit Risiko differenzierten Prämien.