Wien - Scharfe Kritik von ÖVP und FPÖ an der Wohn-Politik der Wiener Stadtregierung gab es am Dienstag im Rahmen der Debatte um den Rechnungsabschluss 2005. FP-Abgeordnete Henriette Frank sprach in einer Aussendung von "versteckten Fallstricken" bei der Beantragung einer Gemeindewohnung für junge Menschen. Zum Zeitpunkt der Einreichung müsse der Wohnungswerber nämlich zwei Jahre an der selben Adresse hauptgemeldet sein. "Die seit 1. 1. 2004 gültige Verdoppelung des Meldezeitraumes wurde von Wiener Wohnen weder begründet noch entsprechend publik gemacht", so Frank. Vor allem bei der so genannten "Jungwienervormerkung" sei die neue Frist hinderlich. Die FPÖ fordert daher die Herabsetzung dieser Frist auf ein Jahr.

VP: "Unwürdige Wohnsituation"

Karin Praniess-Kastner, Behindertensprecherin der ÖVP-Wien, kritisierte, dass für viele behinderte Menschen in Wien eine "unwürdige Wohnsituation" bestehe. "In Wien können behinderte Menschen nicht frei wählen, wie, wo und mit wem sie wohnen wollen. Einige müssen - egal welchen Alters - ihr Dasein in Altenheimen Fristen, ohne Möglichkeiten, diese baldigst wieder verlassen zu können", so Praniess-Kastner. Die Stadtregierung forderte sie auf, auf die Bedürfnisse behinderter Menschen Rücksicht zu nehmen, "richtige" Wohngemeinschaften mit freier Wahl für die Bewohnerinnen und Bewohner anzubieten, "und vor allem die persönliche Assistenz und somit den Verbleib in der eigenen Wohnung zu erweitern".

"'JungwienerInnenaktion' ausgeweitet"

Der Vorsitzende des Wohnen-Ausschusses des Wiener Gemeinderates, Kurt Stürzenbecher (SPÖ), wies die Kritik von Frank zurück. Die Stadt Wien habe die "JungwienerInnenaktion" zuletzt sogar ausgeweitet, so Stürzenbecher in einer Aussendung. "Waren es in den vergangenen Jahren 3000 Wohnungen jährlich, die an junge Menschen vergeben worden sind, so sind es jetzt insgesamt 4500." Junge Wienerinnen und Wiener können sich bereits ab dem 17. Lebensjahr für eine Gemeindewohnung vormerken lassen, dieses Service biete die Stadt schon seit dem Jahr 1997 für alle im Alter zwischen 17 und 30, "die gerade ins Berufsleben gestartet sind oder auch aus anderen Gründen von zu Hause ausziehen wollen", an.

Bezüglich der von Frank angegeben Zweijahresfrist stellte Stürzenbecher fest, dass diese die normale Vormerkung für eine Gemeindewohnung beträfe. In vielen Bezirken könne Wiener Wohnen jungen Wienerinnen und Wienern eine Wohnung innerhalb von sechs Monaten anbieten, die durchschnittliche Wartezeit betrage rund ein Jahr, so Stürzenbecher abschließend.

SP-Stubenvoll: "ÖVP einmal mehr ahnungslos"

Auf die Kritik der ÖVP reagierte die Vorsitzende der Behindertenkommission der Stadt, Erika Stubenvoll (SPÖ). Die ÖVP gebe sich "in der Behindertenpolitik einmal mehr die Blöße, von den zahlreichen Projekten und Initiativen keine Ahnung zu haben". Tatsache sei, "dass die Wiener SPÖ 1986 die gemeinderätliche Behindertenkommission ins Leben gerufen hat, seither ständig in Kontakt mit Menschen mit Behinderung ist und deshalb ihre Bedürfnisse sehr genau kennt", so Stubenvoll in einer Aussendung.

Zum Thema freie Wahl von Wohngemeinschaften betonte sie: "Die Kooperationspartner des Fonds Soziales Wien würden sich dagegen verwehren, dass ihre KundInnen nicht frei wählen können, wo sie wohnen. Selbstverständlich ist die freie Wahl möglich." Es gebe BewohnerInnenbeiräte und in den Werkstätten eigene Werkstättenräte, die die Interessen der Betroffenen vertreten.

Für Wohngemeinschaften zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen gebe es wohl ein Konzept, das begrüßt worden sei, allerdings gebe es von den Betroffenen noch keine Konkretisierung die Kosten betreffend, der Fonds Soziales Wien ist jedoch mit der Grupper weiter in Verhandlung, berichtete Stubenvoll.

Faymann: Investitionsrekord bei Neubau und Sanierung

Wohnbaustadtrat Werner Faymann (SPÖ) berichtete schließlich von "Rekordinvestitionen" von 520 Millionen Euro, die "Wiener Wohnen", die Hausverwaltung der 220.000 Gemeindewohnungen, im Jahr 2005 im Baubereich aufgewendet habe. 4.600 Gemeindewohnungen seien damit auf Kategorie A angehoben und zahlreiche Gemeindebauten saniert, umgebaut und Instand gesetzt worden, so Faymann anlässlich der Rechnungsabschluss-Debatte im Wiener Gemeinderat.

Auch die Wohnbauförderung sei im Vorjahr auf Rekordniveau gelegen. "Mit 568 Mio. Euro hat die Stadt die Errichtung von 5.500 Neubauwohneinheiten und die Sanierung von Wohnhäusern mit insgesamt 10.000 Wohnungen gefördert. Das sind um 47 Mio. Euro bzw. 9 Prozent mehr als 2004."

Auch die Zahl der Wohnbeihilfen-Bezieher sei "aufgrund der finanziell angespannten Situation von immer mehr Familien" von durchschnittlich 17.300 im Jahr 2004 auf durchschnittlich 18.050 im Vorjahr gestiegen. Die unterschiedlichen personenbezogenen Wohn-Förderungen sind von 91 Mio. Euro 2004 auf 104 Mio. Euro gestiegen, berichtete der Wohnbaustadtrat. (red)