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Foto: APA/ Jens Wolf
Brüssel - Die EU-Kommission hat das österreichische Arzneimittelrecht am Mittwoch gleich in fünf Punkten als EU-rechtswidrig bezeichnet. Die Kommission fordert die Niederlassungsfreiheit für Apotheken, die sie nun durchsetzen will. (Vertragsverletzungsverfahren unter Berufung auf Artikel 43 im EG-Vertrag)

Staatsangehörigkeit

Zum einen kritisiert die Brüsseler Behörde die Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit bei der Erteilung von Genehmigungen für die Eröffnung einer Apotheke.

Nicht-österreichische Staatsangehörige erhalten derzeit keine Genehmigung für die Eröffnung einer öffentlichen Apotheke, wenn auf dem Standort nicht schon in den drei Jahren davor eine Apotheke betrieben wurde.

Versorgungssicherheit

Zum anderen attackiert die Kommission auch das Verbot der Eröffnung einer Apotheke in Gemeinden, in denen es keine Arztpraxis gibt, und verweist dabei auf die Ziele der öffentlichen Gesundheit und auf die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln. Ebenso für unzulässig hält Brüssel die Beschränkung der Zahl der Apotheken abhängig von der Einwohnerzahl und die Mindestentfernung zwischen Apotheken.

Wahl der Rechtsform

Auch in der Beschränkung der Wahl der Rechtsform einer Apotheke - wie etwa das Verbot für Kapitalgesellschaften, Apotheken zu erwerben - sieht die Kommission einen EU-Rechtsverstoß. "Die Qualität der von einer Apotheke erbrachten Dienstleistungen sollte vielmehr durch Kontrollen und Formen der professionellen Verantwortung sichergestellt werden, als durch die Rechtsform einer Apotheke", hieß es. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe vergleichbare Beschränkungen für Optikergeschäfte in Griechenland bereits aufgehoben.

Mehrere Niederlassungen

Und schließlich beklagt die Kommission auch noch, dass man in Österreich nur eine Apotheke betreiben kann. Jede natürliche oder juristische Person werde dadurch daran gehindert, mehrere Niederlassungen in der Gemeinschaft zu betreiben. Auch das laufe "der Rechtsprechung des Gerichtshofs zuwider", so die EU-Behörde.

Verteidigung

Die Österreichische Apothekerkammer und das Gesundheitsministerium haben das heimische Apothekensystem, gegen das die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gestartet hat, verteidigt. Das bestehende Apothekengesetz sei in keinster Weise diskriminierend und diene dem Schutz der öffentlichen Gesundheit sowie der Sicherstellung des Gleichgewichts der sozialen Sicherheit, argumentiert Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat. Auch die Kammer sieht das System als "rechtskonform".

Im Gesundheitsministerium verweist der Sprecher, Christoph Hörhan, darauf, dass seit dem ersten Mahnschreiben der EU-Kommission im Oktober des Vorjahres außerdem das österreichische Apothekenrecht verändert wurde. Die Novelle sei vor kurzem im Nationalrat beschlossen worden und werde in dem Verfahren auch berücksichtigt werden müssen. Man werde im Antwortschreiben an die EU-Kommission "lückenlos erklären, warum wir glauben, dass es rechtskonform ist".

Überdurchschnittliche Versorgung

Österreich habe eine überdurchschnittlich gute Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten sowohl räumlich als auch zeitlich, so der Experte mit Verweis auf die Nachtdienste-Regelung. Das verlange aber auch "bestimmte Bedingungen". (APA)