Wien - Die von EU-Kommissarin Viviane Reding vorgeschlagene Teilung von Telefonfestnetzen in Netz- und Dienstegesellschaften stößt bei der Telekom Austria (TA) naturgemäß auf wenig Gegenliebe. Das käme defacto einer Enteigung gleich und sei überdies gar nicht notwendig, weil es zwischen Netzbetrieb und Diensteangeboten ohnehin keine Quersubventionierung mehr gebe, heißt es beim teilstaatlichen ehemaligen Monopolisten. Offiziell Stellung nehmen wollte zu Redings Vorschlag am Mittwoch niemand, man kenne das Papier noch nicht und wolle erst einmal abwarten, wie die Details aussehen, hieß es.

Telekom-Regulator Georg Serentschy hält den Vorschlag, der heute, Donnerstag, offiziell präsentiert wird, für "einen sehr interessanten Zugang", mit dem der Wettbewerb bei Telekom- und Internetdiensten forciert werden könnte. Eine Gefahr der Überregulierung oder gar Enteignung sieht er nicht, denn er verstehe diese Initiative in erster Linie als Option, über die EU-Kommissarin Reding verfüge und auf die sie hinweise, sagte er zum Standard

Pate gestanden für die Ausgestaltung dieser Option ist demnach die börsennotierte British Telecom (BT), die ihr Festnetzgeschäft im Februar freiwillig in eine Netz- und eine Dienstegesellschaft aufgespalten hat. Die Netzgesellschaft "Open Reach"betreibt und wartet das einst staatliche Telefonnetz, ist verpflichtet, die notwendigen Investitionen vorzunehmen und hat allen anderen Anbietern einen diskriminierungsfreien Zugang zu ermöglichen.

Der Vorteil dieser teilweisen Verselbständigung von Festnetz samt Internet unter dem Dach der BT: Die ebenfalls im Eigentum von BT stehende Dienstegesellschaft kann sich am Endkundenmarkt völlig frei bewegen wie alle anderen Konkurrenten auch. Sie wird schlicht und einfach nicht mehr reguliert .

Sie braucht sich von der Regulierungsbehörde OFCOM auch keine Preise mehr diktieren lassen, weil sie frei kalkulieren kann und die Kosten für den Netzbetrieb nicht einspielen muss. Schließlich darf sie von "Open Reach"nicht besser oder schlechter behandelt werden, als die Konkurrenz.

Einen Widerspruch zu EU-Plänen, die Regulierung in manchen Segmenten abzuschaffen, sieht Telekom-Regulator Serentschy nicht. Denn diese würde dadurch teilweise obsolet. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.6.2006)