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Foto: Archiv
Computergenerierte Lyrik zum Thema Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland. Was für Literaturliebhaber ein wenig bedrohlich klingt, funktioniert seit Wochen mehr als hervorragend im Internet. Über 500.000 Gedichte wurden seit dem Eröffnungsspiel auf der Website poesieautomat.zeit.de abgerufen. Die Idee stammt von Hans-Magnus Enzensberger, realisiert wurde das Projekt mit starker österreichischer Beteiligung im Rahmen von Andre Hellers offiziellem Kulturprogramm zur FIFA-Fußball-WM 2006.

"Einladung zu einem Poesie-Automaten"

Bereits 1974 verfasste der deutsche Autor Hans-Magnus Enzensberger seine "Einladung zu einem Poesie-Automaten". Ermuntert von André Heller griff ein junges Team von Poeten und Textern, Designern und Programmierern, Kultur- und Medienarbeitern Enzensbergers Idee auf und lancierte den "Poesie-Automaten". Gefüttert wird die Software mit spielbezogenen Textbausteinen, auf Mausklick entstehen Gedichte zu allen 64 Partien der WM. Ein Großteil des Teams hinter dem Poesie-Automaten kommt aus Österreich: Produzent und Projektleiter ist der Salzburger Event- und Medienentwickler Christian Bauer. Die verbalen Vorlagen für den Automaten kommen unter anderem von der Wiener Werbetexterin Petra Hauer.

Verschiedene Bereiche

Und weil die Qualität von Lyrik nun einmal im Auge des Betrachters liegt, kann der literaturbegeisterte Internet-User aus Kategorien wie "Reim", "Standard", "Haikus" oder "Slogans" wählen. Nicht immer wird ein direkter Bezug zum angeklickten Spiel hergestellt, die gebotenen Cyber-Gedichte sind jedoch oft unterhaltsam und durchaus literarisch. So heißt es etwa zum Spiel Togo gegen Frankreich (0:2) im Standard-Gedicht: "Nein, allein ist man meist einwandfrei. / Ein Hoch auf das O.K. - Ansonsten alles Wonderbra. / Auch Tussen genießen solche Stöße. /So jodeln sie schon monoton. / Die Meute tobt lieber rund um den Pokal. / Die Welt prophezeit: Wir kommen ins Finale!"

Da die Gedichte bei jedem Klick neu zusammengestellt werden, ergeben sich mannigfaltige Versionen. In der Kategorie "Die Jungen Wilden" heißt es zum selben Spiel: "... Die Ersatzbank schreit wie blöd. / Keine Frage. Die Klingonen verrecken auf dem Spielfeld. / Alle für Charlie. Trubel!" Knapp aber treffend der zugehörige Haiku: "Im Tor von Togo / zappelt das Leder im Netz. / Doch leider Abseits".(APA)