Sie war Bankerin, sie war Stadtwerke-Stadträtin, sie war Nationalbank-Präsidentin. Derzeit fungiert die 68jährige Maria Schaumayer als Regierungsbeauftragte zur Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter – und engagiert sich in ihrer Stiftung für die Durchbrechung der Gläsernen Decke für Frauen.dieStandard : Ist der Feminismus tot? Schaumayer : Es ist derzeit wenig militanter Feminismus zu sehen. Da es meine Wunschvorstellung ist und ich eine Optimistin bin, führe ich das darauf zurück, dass wir auf dem Weg zu einer partnerschaftlichen Gesellschaft einen guten Schritt weitergekommen sind. Und dass die Energien der Kolleginnen daher in Sacharbeit einfließen können und nicht nur Überlebenskämpfe die Energie binden. dieStandard : Das heißt, Sie sehen Verbesserungen? Schaumayer : Es sind erhebliche Verbesserungen sichtbar. Die Bestellung von Frauen in Spitzenposition löst nicht mehr die große Sensation aus, die in der Vergangenheit damit einherging. Auch die darunterliegenden Ebenen sind weit stärker mit Frauen besetzt als früher. Bis diese Frauen von der zweiten und dritten Ebene aufrücken, ist es nur eine Frage der Zeit. dieStandard : Wie steht es mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie? Schaumayer : Das ist ein menschliches Grundproblem, dass die Verantwortung für Beruf und die lieben Angehörigen schwer zu kombinieren sind. Die Frage nach Kindern und Beruf hat sich früher für Frauen genau so gestellt, nur wurde sie öfter zugunsten der Kinder beantwortet. dieStandard : Wie haben Sie es geschafft? Schaumayer : Zu jedem erfüllten und erfolgreichen Leben gehört sehr viel persönliche Bereitschaft, Belastung und Verzichte auf sich zu nehmen. Aber Kollisionen gab es. Ich habe meine Mutter versorgt, und wenn mir die Wirtschafterin ausgefallen ist, musste ich von der Aufsichtsratssitzung aufstehen und sagen, meine Herren, ich muss jetzt kochen. Bei den Spitzen ist es immer ein Verzicht, egal ob Mann oder Frau. Männer verzichten darauf, die Kinder aufwachsen zu sehen, die Frauen auf Kinder. dieStandard : Sie waren immer wieder die erste Frau in Ihren Funktionen. Stießen Sie auf Schwierigkeiten? Schaumayer : Die verzopftesten Ansichten habe ich am Beginn meines Berufslebens vorgefunden. Da wurde ein weibliches Wesen wie der predigende Hund mit Skepsis betrachtet. Vor allem in der Welt der Notenbanken war ich die erste und einzige Frau weltweit. Ich muss zur Ehrenrettung sagen, dass ich nicht lange die einzige blieb: Wir waren rasch zwölf. Da habe ich eine gewisse Eisbrecherfunktion gehabt, und ich war mir meiner Verpflichtung für die Frauen bewusst. dieStandard : Hat Ihre Eisbrecherfunktion auch abseits der Notenbanken Wirkung gezeigt? Schaumayer : Es gibt eine enorme Qualifikationssteigerung bei den Kolleginnen, zudem haben sie Lust an selbsterfüllter Arbeit. Ich freue mich auch, dass die Durchlüftung so weit geht, dass Kolleginnen sagen, ich breche aus der Hierarchieproblematik aus und gründe meine eigene Firma. dieStandard : Was Sie mit Ihrer Stiftung fördern. Schaumayer : Ja, einfach aus einem Gefühl der Solidarität und als Zeichen der Ermunterung für die nachkommende Generation. Zudem bin ich alleinstehend und will etwas Sinnvolles mit meinem Geld machen.