Bessere Nachrichten kann man sich in einem Wahljahr kaum wünschen: Der Konjunkturmotor schnurrt wie ein Glöckerl, die Unternehmen investieren ganz ordentlich, es wird auch wieder Geld ausgegeben für Autos, Wohnungen und Elektronik, und es gibt wieder mehr Erwerbstätige. Die Nachrichten der Wirtschaftsforscher sind so optimistisch, dass geübte Beobachter misstrauisch werden müssten. Denn selbst die Deutschen, seit Jahren in depressiver Stimmung, sehen die wirtschaftliche Zukunft – auch dank der Fußball-WM – so positiv wie seit 15 Jahren nicht mehr. Dabei laufen sie mit der Mehrwertsteuererhöhung grad Gefahr, die Konjunktur wenn schon nicht abzuwürgen, so doch zu belasten.

Bei all der guten Stimmung: Lorbeeren zum Ausruhen gibt es für die Wirtschaftspolitiker trotzdem keine. Denn zwar wächst die Wirtschaft, aber die Zahl der Menschen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, wird trotzdem nicht kleiner. Wohl stellen die Firmen wieder ein (sogar Vollzeitkräfte und nicht nur Teilzeit- oder Aushilfsjobs), aber eben nicht die aus dem Heer der 253.000 Arbeitslosen, sondern jene Frischen, Jungen, die neu auf den Arbeitsmarkt drängen – die noch dazu billiger sind.

Obwohl Höherqualifikation zu den wichtigsten Faktoren gehört, der vor (langer) Arbeitslosigkeit schützt: Das Verräumen der Arbeitssuchenden in Schulungen, wie es vom Arbeitsmarktservice seit Jahren praktiziert wird, ist zu wenig, um dieses gesellschaftspolitisch extrem belastende Problem zu lösen. Es braucht viel Fantasie und noch mehr Experimente auf betrieblicher Ebene, denn es gibt kein arbeitsamtliches Patentrezept.

Ein Vorschlag: Wie wär’s mit weniger Schülern in den Klassen und dafür besserer Ausbildung? 75 Prozent der Arbeitlosen sind schließlich Schulabbrecher oder Minderqualifizierte. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1./2.7.2006)