Frankfurt am Main - Das zweite Halbfinale der Fußball-WM in Deutschland lautet Portugal gegen Frankreich. Die Franzosen feierten am Samstagabend vor 48.000 Zuschauern im ausverkauften Frankfurter Stadion einen überraschenden, aber verdienten 1:0-(0:0)-Sieg über Titelverteidiger Brasilien. Den entscheidenden Treffer erzielte Arsenal-Torjäger Thierry Henry mit einem sehenswerten Volleyschuss nach Freistoß des überragenden Zinedine Zidane in der 57. Minute.

Der Weltmeister von 1998, der schon vor acht Jahren bei der Heim-WM im Endspiel gegen die Brasilianer geschlagen hatte, trifft nun im Halbfinale am Mittwochabend (21 Uhr) in München auf die Portugiesen, die sich drei Stunden zuvor nach torlosen 120 Minuten erst 3:1 im Elferschießen gegen England durchgesetzt hatten. Damit stehen so wie zuletzt 1982 nur europäische Teams in der Vorschlussrunde, denn das zweite Halbfinale bestreiten bereits am Dienstagabend in Dortmund die dreifachen Weltmeister Deutschland und Italien.

Parreira setzte auf massiertes Mittelfeld

Brasiliens Trainer Carlos Alberto Parreira stellte sein Team auf zwei Positionen um, was aber nicht den gewünschten Effekt brachte, sondern sich eher als kontraproduktiv erwies. Der 63-Jährige nahm den zweifachen Torschützen Adriano heraus und verstärkte das Mittelfeld mit Juninho, um Spielmacher Ronaldinho mehr Freiheiten in der Offensive zu geben, und im defensiven Mittelfeld eroberte Gilberto Silva den Platz des zuletzt angeschlagenen Emerson.

Frankreichs Teamchef Raymond Domenech vertraute dagegen genau jener Startelf wie beim 3:1-Achtelfinal-Erfolg über Spanien. Und dieses routinierte Team schickte den fünffachen Rekordweltmeister, der auf Grund der zahlreichen großen Namen - Ronaldo, Ronaldinho, Kaka, Adriano, Cafu oder Roberto Carlos - zum erneuten Titelgewinn verurteilt war, doch in Deutschland von Beginn an nicht richtig in Fahrt zu kommen schien, verdientermaßen nach Hause.

Frankreich entschlossener

Vor den Augen des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac entwickelte sich die die Partie, die in den ersten 45 Minuten von Vorsicht auf beiden Seiten geprägt war und nur zwei halbwegs gute Chancen abwarf, beide für Brasilien: Ronaldo vergab per Kopf (11./drüber) und bediente wenig später Kaka, aber der Milan-Mann verpasste den Stanglpass hauchdünn (15.).

Dann kamen die Franzosen, gelenkt von Zidane, immer besser ins Spiel. Trotzdem war nur ein Kopfball von Florent Malouda (38.) nach Freistoß des großen Alten die einzig nennenswerte Strafraumaktion, da Juan den aufs Tor stürmenden Patrick Vieira mit einem taktischen Foul stoppte (44.). Diese Attacke wurde vom spanischen Schiedsrichter Luis Medina Cantalejo nur mit Gelb bestraft, da sich auch Roberto Carlos in der Nähe aufhielt.

Unmittelbar nach dem Wechsel folgte die bis dahin beste Möglichkeit der Franzosen: Nach Zidane-Freistoß zischte ein Vieira-Kopfball am langen Eck vorbei (46.). Die Domenech-Elf machte weiter das Spiel und wurde in der 57. Minute mit der verdienten Führung belohnt: Nach einem Zidane-Freistoß stellte der von der brasilianischen Abwehr komplett vernachlässigte Henry mit einem sehenswerten Volley aus spitzem Winkel auf 1:0. Nur drei Südamerikaner standen in dieser Situation fünf Franzosen gegenüber, der Rest wartete phlegmatisch an der Strafraumgrenze. Symptomatisch für die Gemütsverfassung der Mannschaft, die auch nach dem Rückstand nicht in der lage waren, ihre Schlagzahl zu erhöhen.

Vier Minuten später hätte es beinahe 2:0 geheißen, als der Ball nach einem Ribery-Querpass im Strafraum und verunglückter Rettungsaktion von Juan nur hauchdünn am langen Eck vorbeirollte (61.). Dann verhinderte der herauseilende Dida gegen den von Henry freigespielten Frank Ribery einen höheren Rückstand (70.). Sehr spät brachte Parreira dann Robhinho und Adriano für Kaka und Juninho, der erneut enttäuschende Ronaldo durfte bleiben. Es gelang jedoch nur eine leichte Belebung der Offensive.

So mussten die Franzosen nur noch in den Schlussminuten noch etwas zittern. Ein Ronaldinho-Freistoß nach Ronaldo-Schwalbe verhängt, verfehlte nur knapp sein Ziel (89.), im Gegenzug scheiterte der für Henry eingewechselte Louis Saha (91.) an Dida. Dann war es vorbei, wohl auch für Brasiliens Teamchef Parreira, der sein Amt wohl zur Verfügung stellen wird (müssen). (APA/red)

Viertelfinale:
  • Brasilien - Frankreich 0:1 (0:0). Frankfurt am Main, 48.000 (ausverkauft), Schiedsrichter Luis Medina Cantalejo (Spanien).

    Tor: 0:1 (57.) Henry

    Brasilien: Dida - Cafu (76. Cicinho), Juan, Lucio, Roberto Carlos - Juninho (63. Adriano), Kaka (79. Robinho), Gilberto Silva, Ze Roberto - Ronaldinho - Ronaldo

    Frankreich: Barthez - Sagnol, Thuram, Gallas, Abidal - Ribery (77. Govou), Vieira, Zidane, Makelele, Malouda (81. Wiltord) - Henry (86. Saha)

    Gelbe Karten: Cafu, Juan, Ronaldo, Lucio bzw. Sagnol, Saha, Thuram