Im OeNB-Bericht sei kein Wort von Verlusten oder von der ÖGB-Haftung zu finden gewesen, sagte Grasser auf die Frage, warum er angesichts von im Bericht erwähnten Stiftungen nicht stutzig geworden sei. Bei der BAWAG sei eine Fülle von Prüfungen durchgeführt worden, aber offenbar hätten die Vorstände mit Vorsatz und "krimineller Energie" agiert. Auch habe der BAWAG-Wirtschaftsprüfer KPMG einen "wunderbaren" Prüfbericht verfasst, kritisierte Grasser.
Nach Bekanntwerden der Kreditvergabe durch die BAWAG an den damaligen Refco-Chef Phillipp Bennett im Herbst 2005 habe er, Grasser, der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht (FMA) gesagt, "da wird etwas Großes zugedeckt", aber er könne es nicht beweisen. Die Prüfinstanzen hätten wochenlang geprüft, aber nichts gefunden. Der BAWAG-Vorstand habe damals beteuert, es gebe keinen Zusammenhang mit Wolfgang Flöttl jun. - aber er habe gelogen, sagte Grasser.
Versäumnisse bei der Bankenaufsicht
Versäumnisse findet Grasser hingegen bei der Bankenaufsicht unter seinen Vorgängern, nämlich unter sozialdemokratischen Finanzministern. Die Aufsicht sei damals "fahrlässig strukturiert" gewesen. Die Nationalbank habe in ihrem Prüfbericht 1994 eine Fülle von Dingen bei der BAWAG nicht erkannt.
Angesprochen auf die Forderung nach zusätzlichen Prüfern sagte Grasser, er trete für eine schlagkräftige Bankenaufsicht ein und begrüße den Vorschlag der Finanzmarktaufsicht. Aber auch bei den Wirtschaftsprüfern müsse der Einsatz effektiviert werden, denn "so kann es nicht weitergehen". Derzeit sei die interne Rotation beschlossen, die externe Rotation "muss man sich anschauen".
Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat nicht zuletzt auf Grund ihrer Erfahrungen mit den jüngsten Bankenskandalen rund um BAWAG und Hypo Alpe-Adria-Bank ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Aufsicht geschnürt. Das Paket "Better Regulations" sieht unter anderem eine dreijährige externe Rotation der Wirtschaftsprüfer zur Stärkung ihrer Unabhängigkeit vor. Derzeit ist nach fünf Jahren eine interne Rotation innerhalb der Prüfungsfirma vorgeschrieben.
Matznetter: Grasser bleibt weiter Antworten schuldig
"Finanzminister Grasser hat auch heute nicht begründen wollen, warum er im Jahr 2001 auf den ihm bekannt gewesenen OeNB-Prüfbericht zur BAWAG nicht reagiert hat", erklärte SPÖ-Finanz- und Budgetsprecher Christoph Matznetter am Dienstag in einer Aussendung zu Aussagen von Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Wie das "profil" in seiner neuesten Ausgabe berichte, habe die Bankenaufsicht bereits im April 2001 detaillierte Kenntnis von de facto allen Gesetzesverstößen, die von den OeNB-Prüfern gegen die damaligen Bankmanager erhoben wurden. Angesichts der Faktenlage sei es "völlig unangebracht", wenn Grasser auf Journalistenfragen "patzig" antworte, nur weil diese seine damalige Untätigkeit und sein "offensichtliches Versagen" hinterfragten. "Grassers Verhalten wird jedenfalls immer seltsamer, die ganze Sache stinkt zum Himmel", meint Matznetter.
Weg frei machen
Aus Sicht des SPÖ-Finanzsprechers ist es absolut nicht nachvollziehbar, wieso die Bankenaufsicht unter Grasser im Mai 2001 nicht aktiv geworden sei. Noch "dubioser" werde das "katastrophale Versagen" des Finanzministeriums unter Grasser, wenn man die Reaktion der Regierungsparteien im Zuge der laufenden parlamentarischen Untersuchung betrachte: ÖVP und BZÖ hätten sich darin geweigert, einen eigenen Untersuchungsausschuss einzurichten.