Wien - Am morgigen Donnerstag wird der Aufsichtsrat der ÖBB Personenverkehr AG über eine mögliche vorzeitige Ablöse von Vorstand Wilhelmine Goldmann entscheiden. Während von Seiten der Grünen Verkehrssprecherin Gabriela Moser Kritik am ÖBB-Chef Martin Huber kommt und SP-Justizsprecher Hannes Jarolim eine "Farce" in der Diskussion ortet, wirft BZÖ-Verkehrssprecher Klaus Wittauer der SPÖ vor, dass sie das Fehlverhalten von Managern decke.

"Wenn in der ÖBB nun schon strenge Maßstäbe angelegt werden, dann sollen diese für alle gelten und nicht nur gegenüber einer Frau, die gemeinnützig tätig ist und der SP zuzurechnen ist!" fordert die Verkehrssprecherin der Grünen, Gabriela Moser, am Mittwoch in einer Aussendung. Goldmann wird - wie berichtet - vorgeworfen, ÖBB-Betriebsmittel und -Mitarbeiter für den gemeinnützigen Verein Opernwerkstatt Wien eingespannt zu haben. Im Umfeld Goldmanns wird kolportiert, dass es bei dem Streitwert um lediglich 1.500 bis 2.000 Euro gehe. Ein Rechtsgutachten, das ÖBB-Holding-Vorstand Huber in Auftrag gegeben hat, soll laut Medienberichten dennoch zu dem Schluss gekommen sein, dass dadurch "sogar eine fristlose Entlassung gerechtfertigt" wäre. Goldmann selbst hatte die Vorwürfe als "lächerlich" und "überhaupt nicht den Tatsachen entsprechend" zurückgewiesen.

Moser glaubt, dass die in die Twin Towers am Wienerberg übersiedelten ÖBB-Unternehmensbereiche in die Hochhäusern arbeiteten, die zum Imperium des ÖBB-Aufsichtsratsvorsitzenden und Wienerberger-Vorstandschefs Wolfgang Reithofer zählten.

"Schwarz-Blau-Färbung"

Außerdem sei es mit den Regeln einer kostensparenden Unternehmensführung unvereinbar, ÖBB-Vorstände doppelt und teilweise dreifach zu besetzen. Diese "Schwarz-Blau-Färbung der ÖBB" auf Kosten der Steuerzahler solle sich der Vorsitzende des Aufsichtsrates der ÖBB-Personenverkehrs AG, Fredmund Malik, einmal genauer per Rechtsgutachten unter die Lupe nehmen, wenn es ihm schon 'ums Prinzip des Corporate Governance' gehe, forderte Moser. "Der Butter-Berg am Kopf der ÖBB-Führung ist nicht nur wegen der exorbitanten Berater-Verträge gewaltig!", so Moser. ÖBB-Chef Martin Huber hätte bei den Vorständen schon längst den Sparstift ansetzen können, "der ihm im Fall Goldmann so flink zur Hand ist", kritisiert Moser.

Der Rechnungshof hatte bei den ÖBB einen wenig sparsamen Umgang mit externen Beratungsleistungen kritisiert. Malik selbst, Chef des Managementzentrums St. Gallen, war in der Öffentlichkeit zuletzt unter Beschuss geraten, weil sein Institut Schulungsaufträge für ÖBB-Manager in einer kolportierten Höhe von rund einer Mio. Euro angenommen haben soll. Malik betonte dazu, dass er in die Entscheidung nicht involviert gewesen sei. Auftragnehmer sei sein Wiener Büro gewesen, mit dem er nichts zu tun habe.

"Ungeheuerlichkeit"

Als "Ungeheuerlichkeit" bezeichnete der Verkehrssprecher des BZÖ, Klaus Wittauer, die Aussagen des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl, der sich hinter Goldmann gestellt hatte. "Es ist ausschließlich die Aufgabe des Unternehmens ÖBB und seiner Gremien, aus derartigen Vorkommnissen Konsequenzen zu ziehen. Die Politik hat sich hier herauszuhalten", so Wittauer. Gerade in einem Unternehmen wie der ÖBB, das im Besitz der öffentlichen Hand ist, müsse der Vorstand über jeden Zweifel erhaben und ein absolutes Vorbild für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein. Es könne nicht einfach hingenommen werden, "dass Vertreter der SPÖ trotz des SPÖ-ÖGB-BAWAG-Desasters Unkorrektheiten und Fehlverhalten von Managern erneut tolerieren und decken."

Für SPÖ-Justizsprecher Jarolim verkommt die Diskussion um angebliche Verfehlungen von Goldmann immer mehr zur Farce. "Goldmann soll nun aufgrund eines nicht feststellbaren Verstoßes gegen die Corporate Governance entlassen werden - dies obwohl sie in Einklang mit Corporate Social Responsibility-Richtlinien gehandelt hat, indem sie sich für eine kulturelle Einrichtung einsetzte."

"Obskur"

Es sei schon "reichlich obskur", wenn kulturelles Engagement eines Vorstandsmitglieds in Österreich einen Verstoß gegen Corporate Governance darstellen soll, so der Justizsprecher weiter. "Durch diese Diskussion werden sowohl der Corporate-Governance-Kodex sowie sämtliche anderen Bemühungen um Richtlinien im Wirtschaftsbereich in Frage gestellt und letztendlich völlig entwertet. Hinzu kommt, dass gerade jener Aufsichtsrat die Debatte lostritt, der auch in einem Auftragsverhältnis zur Bahn steht", kritisierte Jarolim die Vorgehensweise Fredmund Maliks. Es sei daher höchste Zeit, den Maßstab der Corporate Governance an alle Vorstände und Aufsichtsräte im Bereich der Bundesbahnen-Gruppe anzulegen. (APA)