Israel
Die Shas-Partei
Jerusalem - Mit dem angekündigten Rückzug ihrer Minister hat die Shas-Partei die Koalitionsregierung des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak in die Existenzkrise gestürzt. Es ist nicht das erste Mal, dass die ultra-orthodoxe Partei die Regierung des Arbeiterpartei-Chefs in Schwierigkeiten bringt. Ihre führenden Vertreter und auch ihre Anhänger stehen eher der nationalistischen Rechten nahe. Allein der Wunsch, für die Interessen der orthodoxen Juden zu kämpfen, sorgte dafür, dass Shas der linksgerichteten Koalition angehört. Obwohl sie nur 17 von insgesamt 120 Abgeordneten stellt, ist sie seit ihrer Gründung 1984 ein wichtiger Partner fast aller Koalitionsregierungen in Israel gewesen.
Die Shas vertritt in erster Linie die orientalischen Juden, also ungefähr die Hälfte aller Juden in Israel. Sie zu ignorieren, hieße auf rund eine halbe Million Wählerstimmen zu verzichten. Nach Baraks Wahlbündnis "Ein Israel" und dem rechtsgerichteten Likud-Block von Ariel Sharon stellt Shas die drittgrößte Kraft im Parlament. Ihr Vorsitzender ist Arbeitsminister Eli Ishai.
Ihr eigentlicher Chef aber ist der Rabbiner Ovadia Jossef, der Leiter der obersten Partei-Instanz, des Rats der Thora-Weisen. Er fordert von seinen Anhängern die strikte Einhaltung der jüdisch-orthodoxen Lebensweise. Nur in einem Punkt stimmt der ehemalige sephardische Großrabbiner von Israel mit Barak überein: Auch er fordert einen Verzicht auf "Eretz Israel", dem Israel in den biblischen Grenzen, und spricht sich dafür aus, das Gebiet mit den Palästinensern zu teilen.
Abgesehen davon aber steht die Arbeiterpartei bei den Anhängern der Shas in einem schlechten Licht: Sie haben bis heute den wenig herzlichen Empfang von einer halben Million jüdischer Immigranten aus Marokko und anderen arabischen Ländern Anfang der 50er Jahr nicht verwunden.
Die meisten Wähler rekrutiert die Partei aus den kleinen, wirtschaftlich vernachlässigten Dörfern am Rande Israels. Sie verhelfen ihr bei jeder Wahl zu neuen Erfolgen. Der Partei schadet es dabei auch nicht, dass ihrem Gründer Arieh Deri wegen Korruption und Unterschlagung öffentlicher Gelder vier Jahre Haft droht. Der Prozess befindet sich derzeit in letzter Instanz beim Obersten Gericht. (APA)