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Touristen in Norwegen sahen, wie ein Wal von einer Harpune durchbohrt wurde und ausblutete. Nun wurde die Jagd bis zum Ende der Urlauber-Saison eingestellt

Foto: AP/ BAN BURNS
Hoffnung für Tierfreunde: Was Umweltschützer nicht erreicht haben, gelang nun dem "Whalewatching". Um das Geschäft mit Touristen, die Wale sehen wollen, nicht zu gefährden, wurde in Norwegen die Jagd auf die Tiere eingestellt -vorübergehend. - von André Anwar aus Stockkholm

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Oslo - Für die nächsten drei Wochen zumindest, verkündete Magnar Petersen vom norwegischen Rohfisch-Einkäuferverbund am Dienstagabend, dürften keine Wale mehr erlegt werden. Der Grund sind die Sommerferien.

Waljäger dürfen in diesem Jahr ganze 1052 Tiere erlegen. Das freiwillige Umschwenken der Fischindustrie hat allerdings wenig mit Tierschutz zu tun. Norwegische Journalisten unken, dass nur die Gefährdung der Tourismusbranche zu diesem für das traditionelle Walfängerland Norwegen drastischen Schritt führte.

Dementsprechend heißt es vom Verband, "urlaubsbedingt"werde die Waljagd ausgesetzt. Allerdings haben die Jäger schon einiges vollbracht. Insgesamt soll mit mehr als 400 toten Tieren bereits knapp die Hälfte der Fangquote erfüllt worden sein.

Es waren Tierfreunde, die in Nordnorwegen jene Küstenbewohner, die seit Generationen nichts anderes als den Walfang kennen, dazu bewegt haben, die Tiere im freien Meer Touristen vorzuführen, statt sie zu töten; weil die Schönheit der Wale im Wasser finanziell weitaus lukrativer sein kann als ihr Fleisch.

Seitdem läuft das Geschäft mit dem so genannten Whalewatching, die Flotte der Touristenboote wächst unaufhörlich. Vor allem in den Orten Tromsö Valskådarna und Andenes kann man inzwischen Touristen aus ganz Europa begegnen. Rund 10.000 Urlauber sollen bereits an den Bootstouren ehemaliger Waljäger teilgenommen haben.

Durchbohrter Wal

Entsprechend empfindlich reagierten Zeitungen und die Tourismusbranche, als das Whalewatch-Boot "Reine"mit 80 Tierfreunden an Bord auf hoher See auf ein Walfangschiff stieß, das vor den Augen der zart besaiteten Touristen mit einer Harpune auf einen Wal zielte und auch noch einen Volltreffer landete. Der Wal wurde durchbohrt und verblutete.

"Das Wasser wurde völlig rot. Wahrlich kein schöner Anblick. So etwas wollten wir nicht sehen, als wir uns entschieden haben, in Norwegen Urlaub zu machen", sagte ein angewiderter Tourist Reportern einer Lokalzeitung.

Greenpeace findet das kurios: Es sei seltsam, dass die Norweger enorme Summen dafür ausgeben, um international für mehr Akzeptanz des Walfangs zu werben, während gleichzeitig tierliebende Urlauber direkt zu den "barbarischen Abschlachtungen"gebracht würden.

Geringe Erlöse

Während die waghalsigen Greenpeace-Aktionen auf hoher See die Walindustrie wenig zu stören scheinen, hat der Tourismus nun zumindest einen einstweiligen Stopp der Waljagd verursacht.

Vielleicht kommen in Zukunft mehr Walfänger darauf, dass es unter Umständen lukrativer und auch eine nettere Arbeit sein könnte, Touristen Wale zu zeigen, statt sie zu töten, hoffen Greenpeace. Ohnehin gilt die Waljagd in diesem Jahr als wenig lukrativ wegen hoher Treibstoffkosten und geringer Erlöse.

Erst im Juni hatte Japan in der Internationalen Walfangkommission (IWC) eine Resolution gegen das Walfangmoratorium durchgesetzt und damit im Streit um die Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs zusammen mit Norwegen, Island, und Südkorea einen Etappensieg errungen.

Die norwegische Regierung begründet den Fang der Zwergwale damit, dass es inzwischen wieder ausreichend viele davon gebe und der Bestand nicht gefährdet sei. (André Anwar aus Stockkholm,DER STANDARD Printausgabe 13.7.2006)