Linz/Salzburg/Wien - Heftige Diskussionen hat das Bekanntwerden eines OGH-Urteils unter den österreichischen Gynäkologen ausgelöst. Der Oberste Gerichtshof hatte am 7. März vorinstanzliche Entscheidungen Salzburger Gerichte rund um die Geburt eines behinderten Kindes im Jahr 1997 aufgehoben und zu weiteren Sachverhaltsklärungen an das Erstgericht zurück verwiesen.

Vorwurf

Einem Salzburger Facharzt wird vorgeworfen, eine Schwangere nicht eindrücklich genug über die Möglichkeit der Geburt eines Kindes mit Down-Syndrom hingewiesen zu haben. Als die Behinderung dann diagnostiziert wurde, war es möglicherweise zu spät für eine Abtreibung. Die Eltern hatten den Arzt auf Unterhaltskosten geklagt.

Fehlbildungen spät festgestellt

Die Schwangere war von dem Arzt im November 1996 per Ultraschall untersucht worden. Dabei tauchte der Verdacht auf Anomalien auf. Der Arzt überwies die Frau an die Risikoambulanz des Salzburger Landeskrankenhauses und sagte zu ihr: "Sie gehen mir jetzt in die Risikoambulanz." Auch von Details des Ultraschallbefundes war offenbar die Rede. Die Frau wartete jedoch ab. Die mehrfachen Fehlbildungen des Embryos wurde dadurch erst später festgestellt. Für einen Schwangerschaftsabbruch könnte es zu spät gewesen sein. Das wurde aber nicht endgültig geklärt.

OGH verwies an Erstgericht

Der OGH verwies das Verfahren an das Erstgericht mit folgendem Hinweise zurück: "Wenn der Arzt erkennt, dass ärztliche Maßnahmen erforderlich sind, hat er den Patienten auf diese Notwendigkeit und die Risken der Unterlassung hinzuweisen. Dabei hat die Belehrung umso ausführlicher und eindringlicher zu sein, je klarer für den Arzt die schädlichen Folgen des Unterbleibens sind". Jetzt muss allerdings das Erstgericht zunächst einmal die Höhe des Unterhalts klären und auch darüber entscheiden, ob die Mutter eine Mitschuld traf.

Urteil sorgt für Diskussionen

In der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) will man das Urteil in nächster Zukunft diskutieren. Der Präsident der Gesellschaft, Wolfgang Stummvoll (Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz): "Da brauchen wir aber noch ein bisschen Zeit. Für eine Stellungnahme ist es noch zu früh. Dass man die Patienten umfassend aufklären muss, damit sie eine verantwortliche Entscheidung treffen können, ist ein grundsätzliches Prinzip der Medizin."

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Heikel sei, was als solche ausreichende Information im Einzelfall gewertet werde und was nicht. Auf jeden Fall wären Ärzte gut beraten, alle notwendigen Fakten schriftlich zu dokumentieren und die Aufzeichnungen über das Informationsgespräch eventuell sogar von den Patienten unterschreiben zu lassen.

Information wichtig

Bei der Affäre geht es nicht um die Frage, ob die Geburt eines behinderten Kindes einen Schaden an sich darstellen könnte. Vielmehr steht ausschließlich das Thema der notwendigen umfassenden Information von Patienten im Mittelpunkt. (APA)