Wien - Lärm- und Geruchsbelästigungen durch Grill-Partys, aber auch nacktes Sonnenbaden oder sexuelle Aktivitäten im Garten und am Balkon sorgen in der sommerlichen Jahreszeit für Streitigkeiten unter sonst friedlichen Nachbarn. Der Hintergrund sei meist komplex, in vielen Fällen stecken weit reichende, zwischenmenschliche Probleme dahinter. Es komme zu gegenseitigen Vorwürfen, die sich immer mehr aufschaukeln, und am Ende fühlen sich alle unverstanden. Generell gilt aber: Meist hat man selbst auch etwas mit dem Streit zu tun, sagte Mediator Jan Stadlmaier zur APA.

"Manchmal ist nur der Ton oder die Art, mit der man den Nachbarn auf etwas Störendes hinweisen will, unangemessen", erklärte Stadlmaier. Falsch sei es etwa, gleich mit einem Vorwurf à la "Sie wissen aber schon, dass Sie das nicht dürfen" einzusteigen. "Damit ist der Ball natürlich sofort verschossen" und die Bahn für einen Streit gelegt, warnte der Experte. Lösungen durch Gespräche sind meist Erfolg versprechender als der Justizweg. "Denn der Nachbar bleibt Nachbar", auch nach einer gerichtlichen Einigung.

Rollentausch

Das "richtige" Verhalten, um eine Eskalation zu vermeiden, kann man lernen: Zum Beispiel durch einen Rollentausch, bei dem man sich in das Gegenüber hineinversetzt, meinte der Mediator. So kann nachvollzogen werden, wie der andere die Situation erlebt, sich dabei fühlt und welche Voraussetzungen er für eine Einigung brauchen würde.

Wichtig ist vor allem der Mut zu einem echten offenen Gespräch, rät Stadlmaier. Grundsätzlich zeigt dieses nämlich meist, dass es Lösungen gibt. Das dafür notwendige Vertrauen in den Dialog fehlt allerdings oft, meinte der Mediator. Auch die Bereitschaft der "Streithähne", sich gemeinsam an einen Tisch zusetzen und über Probleme zu reden, gibt es nur manchmal. Beide sehen den jeweils anderen als Aggressor und geben ihm dementsprechend die Schuld. (APA)