Ronald Horngacher versteht die Welt nicht mehr. Nach zwei Wochen Familienurlaub in Italien hat er am Montag wieder seinen Dienst als Wiener Landespolizeikommandant angetreten. Schließlich geht der arbeitswütige General, der das Verbrechen tagtäglich mit roten Punkten auf Stadtplänen kartografieren lässt, gerne ins Büro. Und da ist es ihm ganz und gar unverständlich, wie man seine Berechtigung dazu auch nur im Geringsten anzweifeln könnte. "Ich werde medial hingeschlachtet, "sagt Horngacher und spricht von "Rufmord".

Informationen weitergegeben

Der Ruf nach Suspendierung war laut geworden, nachdem Horngacher im Dunstkreis der "Sauna-Affäre" sowie der Kokain-Beichte Rainhard Fendrichs bezichtigt wurde, Informationen an Journalisten weitergegeben und damit Amtsmissbrauch begangen zu haben - Dinge, die der Jurist stets abgestritten hat und die ihn nun selbst Anzeige wegen Amtsmissbrauchs erstatten lassen, da just sein eigener Akt, der nun die Staatsanwaltschaft beschäftigt, in den Medien landete. Ein bezeichnender Kreislauf für den 46-Jährigen, der Wert auf einen guten Draht zur Medienwelt legt und im höchstpersönlichen Kampf gegen Drogen-Dealer in der Boulevardpresse eine wohl gesonnene Plattform vorfand.

Für den Ehemann einer Oberärztin und Vater zweier Kinder steht ein entscheidender Karriereschritt auf dem Spiel: Nach der Suspendierung seines Erzrivalen, Kripo-Chef Ernst Geiger, gilt er als logischer Nachfolger für den im Herbst scheidenden Wiener Polizei-Chef Peter Stiedl, der seinem Schützling auch jetzt den Rücken deckt. Der Verdacht liegt nahe, dass der SP-nahe Spitzenbeamte ins Kreuzfeuer polizeiinterner Machtkämpfe gekommen ist. Horngacher, der meist uniformiert und mit geschwellter Brust auftritt, wird ein ausgeprägter autoritärer Führungsstil nachgesagt, was ihm regelmäßige Vorwürfe aus den eigenen Reihen und den Spitznamen "Napoleon" einbrachte.

"Roter Bruder"

Einen Namen als tüchtiger Gesetzeshüter machte sich der Liebhaber klassischer Musik, der seine Laufbahn 1986 im Kommissariat Ottakring begann, bereits in der Wirtschaftspolizei, die er ab 1997 leitete. 2002 folgte die Beförderung zum Leiter des Wiener Kriminalamtes, wo er sich von Jörg Haider als "roter Bruder" beschimpfen lassen musste, als er maßgeblich an der Aufklärung der "Spitzelaffäre" beteiligt war. Als erster Wiener Landespolizeikommandant, zu dem Horngacher 2005 vom damaligen VP-Innenminister Ernst Strasser berufen wurde, übernahm er mit der Umsetzung der Polizeireform strategische Aufgaben. Die Taktik dazu entnimmt er seinem Lieblingsbuch, Sunzis "Die Kunst des Krieges", dessen Lehren schon Napoleon befolgte. Eine Essenz daraus, nämlich die Strategie der Feinde zu vereiteln, scheint auch Horngacher zu beherzigen. (Karin Krichmayr, DER STANDARD Printausgabe, 17.07.2006)