Washington - US-Präsident George W. Bush hat eine umfassende staatliche Förderung der embryonalen Stammzellenforschung mit dem ersten Veto seiner bisher fünfeinhalbjährigen Amtszeit blockiert. Im Repräsentantenhaus in Washington kam am Mittwoch (Ortszeit) wie erwartet nicht die notwendige Mehrheit zu Stande, um den Einspruch zu überstimmen. Zwar votierten 235 Abgeordnete gegen das Veto und nur 193 dafür. Für die notwendige Zweidrittelmehrheit fehlten so aber 50 Stimmen.

Bush hatte wenige Stunden zuvor eine Ausweitung der Finanzierung der ethisch umstrittenen Forschungsrichtung gestoppt. "Dieses Gesetz würde es unterstützen, unschuldiges menschliches Leben zu nehmen in der Hoffnung darauf, medizinische Vorteile für andere zu finden", sagte er. "Es überschreitet eine moralische Grenze, die unsere Gesellschaft respektieren muss - deswegen lege ich mein Veto ein."

Auftrittsbilder

Bush war bei seiner Rede von Müttern und Vätern mit Babys und Kleinkindern auf dem Arm umgeben - Kinder, die von den Eltern schon im Stadium gefrorener Embryos adoptiert worden waren. "Diese Buben und Mädchen sind keine Ersatzteile. Sie erinnern uns daran, was verloren geht, wenn Embryos im Namen der Forschung zerstört werden", sagte der Staatschef, der in dieser Funktion bisher 1.130 Gesetze in Kraft gesetzt hat.

Das von beiden Häusern des Kongresses, Senat und Repräsentantenhaus, verabschiedete Gesetz sah die Freigabe staatlicher Forschungsgelder für Experimente mit Embryos vor, die in Fruchtbarkeitskliniken eingefroren sind und nicht benötigt werden. Nach Schätzungen stehen etwa 400.000 Embryos zur Verfügung, die zerstört werden sollen, weil die Familien keine weiteren Einpflanzungen wünschen. Bush hatte vor fünf Jahren verfügt, dass mit staatlichen Geldern nur an solchen Embryonen geforscht werden darf, die bis zum 9. August 2001 zur Verfügung standen, dem Tag, als er seine Richtlinie im Fernsehen verkündete.

Argumente

Gegner der Stammzellenforschung wie Bush sind der Ansicht, dass der Steuerzahler nicht zur Finanzierung einer Wissenschaft gezwungen werden darf, die in ihren Augen einen Angriff auf ungeborene Babys darstellt. Viele Abgeordnete waren aber der Ansicht, dass die Forschung an embryonalen Stammzellen wegen ihrer erhofften Anwendungsmöglichkeiten für die Therapie von Alzheimer, Parkinson, Diabetes und anderer Leiden unterstützt werden sollte.

Zu den Befürwortern der embryonalen Stammzellenforschung gehören auch prominente Republikaner wie Ex-First Lady Nancy Reagan und der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger. Der vor zwei Jahren verstorbene frühere US-Präsident Ronald Reagan hatte unter Alzheimer gelitten.

Aus Kreisen der Republikaner verlautete, Bushs Entscheidung bei einem derart emotional aufgeladenen Thema könne der Partei bei den Wahlen zum Kongress im November schaden. "Ich denke, die Geschichte wird sehr unfreundlich auf dieses Veto sehen", sagte der republikanische Abgeordnete Chris Shays. "Jeder kennt jemanden, der dieses Gesetz braucht", erklärte der demokratische Senator Chuck Schumer. (APA/AP/dpa)