Die Konkurrenz schläft nicht. Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat am Dienstag sogar seine eilig einberufene Verteidigungspressekonferenz in Sachen Yachtausflug dazu genutzt, um auf die Vorzüge des Standortes Österreich hinzuweisen. Er habe dies auch jüngst bei einem Vortrag auf Einladung in Deutschland getan, betonte Grasser.

Im Vergleich zu Deutschland hat Österreich eine attraktive Steuerpolitik für Unternehmen, weil die Gewinnsteuer gesenkt wurde. Aber auch in Deutschland wird nun endlich eine Unternehmenssteuerreform angepackt – wenngleich sich über die Details streiten lässt. Zwar ist man vom österreichischen Steuersatz, der 2005 von 35 auf 25 Prozent gesenkt wurde, mit dem angepeilten Ziel eines Satzes unter 30 Prozent noch entfernt. Aber es bewegt sich etwas – auch in Deutschland.

Die Regierung sollte auch endlich aufhören, sich im eigenen Glanze zu sonnen und sich als das "bessere Deutschland" zu fühlen. Denn wie die neueste "Weltrangliste der Arbeitsproduktivität" zeigt, sind die Steuersätze alleine nicht entscheidend. Die Studie, die jährlich erstellt wird und als Entscheidungshilfe für die Standortwahl von Betrieben herangezogen wird, bewertet die Lohnkosten im Verhältnis zur Produktivität und auch das Ausbildungsniveau.

Unterm Strich schneidet Österreich schlechter ab als Deutschland und kommt nur noch auf den vorletzten Platz unter den zwanzig hoch entwickelten Industrieländern. Das sollte zu denken geben.

Ins gleiche Horn stieß Anfang des Jahres die EU-Kommission, die die nationalen Aktionspläne bewertete, die dazu führen sollen, dass Europa der wettbewerbsfähigste Raum weltweit bis 2010 wird. Zu unkonkret seien die Vorstellungen Österreichs, lautete der Vorwurf aus Brüssel. Mehrfach wurde bemängelt, dass es keine Langzeitstrategie gibt, wie die geforderte Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden könne.

Außerdem wurde kritisiert, dass eine Bewertung häufig nicht möglich war, weil wesentliche Informationen aus Wien nicht mitgeliefert worden seien. Es wurde auch infrage gestellt, ob die Mittelzuwendung für konkrete Bereiche und Projekte mit den Budgetzielen übereinstimmt. Mut zur Lücke bewies die Regierung laut EU-Kommission auch, indem der Dienstleistungssektor überhaupt ausgespart wurde.

Der Bericht aus Brüssel verwies einmal mehr auf bekannte Defizite: Dass die Beschäftigungsrate älterer Menschen in Österreich vergleichsweise gering ist und dass es noch immer viele bürokratische Hemmnisse gibt, die insbesondere den Wettbewerb im Dienstleistungssektor verhindern.

Aber die Reaktionen auf dieses ehrliche Zeugnis aus Brüssel fielen so aus wie jene des Finanzministers, wenn er – wie gerade eben wieder – unter Druck gerät: Es wird abgewiegelt und kalmiert. Aber Augen zu und durch ist in diesem Fall die falsche Strategie. Vielmehr sollte man sich dem Vergleich stellen und in einer kritischen Analyse die Stärken und Schwächen durchgehen. Aber das setzt die Fähigkeit zur Selbstkritik voraus, die österreichischen Politikern offenbar abhanden gekommen ist. Denn es ist nicht alles so rosig, wie es – gerade in Vorwahlzeiten – seitens der Regierung suggeriert wird. Es ist auch nicht alles so schwarz, wie es die Opposition darzustellen versucht.

Klar ist aber auch, dass die Konkurrenz aus Osteuropa kommt, der sich gerade Österreich mit vier neuen EU-Nachbarn stellen muss. Die Zeiten, in denen Osteuropa nur als Expansionsgebiet betrachtet wird, sind vorbei. Es sind die osteuropäischen Staaten, die mit ihrer Flat-Tax-Politik auch die Steuerdebatte in der EU bestimmen und die Diskussionen über Standortbedingungen anheizen.

In den neuen EU-Ländern ist auch ein großer Aufholprozess in Sachen Bildung in Gang, die im kleinen Alpenland noch immer stiefmütterlich behandelt wird. Österreich muss aufpassen, dass es mithält und nicht durch die unterschätzte Konkurrenz überholt wird. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.7.2006)