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Trauer in Beirut: Eine Frau beim Abschied von ihrer Tochter und Enkelin, die einen schwedischen Pass haben.

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Bombeneinschläge waren zu hören und schwarzer Rauch stieg auf über der Stadt an dem Morgen, als der erste Bus mit 40 Österreichern Beirut verließ. "Alle wollten weg", erinnert sich Roland Müller, Verbindungsbeamter des österreichischen Innenministeriums an jenen Samstag. "Und alle hatten Angst."

Nur 250 Kilometer von Beirut entfernt liegt die syrische Mittelmeerstadt Latakia, wo bereits eine italienische Herkules-Maschine auf die Flüchtlinge wartete. Aber die Odyssee dauerte dennoch fast den ganzen Tag. Die Österreicher waren völlig übermüdet, hatten wegen der Angriffe auf Beirut in den Tagen vor der Abfahrt nicht mehr geschlafen, erzählt Müller, der den Bus begleitete. Essen und Trinken hatte viele nicht mit. Im Konvoi mit italienischen Bussen erreichte man die syrisch-libanesische Grenze bei el-Arida. Dann kam das lange Warten, alles verlief streng nach Vorschrift. Als die italienischen Herkules-Maschinen von Latakia schließlich kurz vor Mitternacht abhoben, waren alle komplett erschöpft, sagt Müller. Freilich: Die Menschen hatten Glück, den kriegsgeschüttelten Libanon konnten sie verlassen

Noch zehntausende Ausländer saßen am Dienstag im Land fest. Sie sollen in den kommenden Tagen evakuiert werden. Die Franzosen und Kanadier schicken Fähren, die USA Kampfhelikopter, die Briten Kriegschiffe. Die Libanesen müssen zurückbleiben.

Die meisten Schiffe steuern Zypern an. Auch eine französische Fähre mit rund 1200 Menschen an Bord, die am Montag Beirut verlassen hatte, legte am Dienstag im zypriotischen Larnaca an. An Bord des Schiffes hätten ursprünglich auch 19 Österreicher sein sollen. Wegen der "umständlichen Formalitäten", und weil das Schiff etwas früher als geplant ablegte, kamen die Österreicher aber nicht mehr mit, sagt Österreichs Botschafter in Beirut, Georg Mautner-Markhof. Die Gruppe soll Beirut nun heute, Mittwoch, per Schiff verlassen können.

Insgesamt 100 bis 120 Österreicher, die aus dem Land raus wollen, seien derzeit noch im Libanon. Die meisten sind gebürtige Libanesen, die gerade ihre Familien besuchten, als die Kämpfe ausbrachen. 22 Österreicher sitzen laut Botschaft im umkämpften Südlibanon fest.

"Es herrscht Ratlosigkeit darüber, wie wir diese Leute herausbringen sollen", sagt Mautner-Markhof. Die Straßenverbindungen in den Südlibanon sind durch die israelischen Angriffe zerstört worden, die Schleichwege, die es noch gibt, wären zu gefährlich. Die Botschaft hat die Österreicher angewiesen, in ihren Häusern zu bleiben. Allerdings: Wenn die Israelis eine Bodenoffensive starten, sind sie auch dort gefährdet, warnt der Botschafter.

Gut zu funktionieren scheint aber die Kooperation zwischen den EU-Staaten: Nachdem Dienstagmorgen eine AUA-Maschine mit Libanon-Heimkehrern in Wien Schwechat gelandet war, wurde für den Abend auch eine aus Zypern kommende Herkules-Maschine des Bundesheeres erwartet. An Bord: Italiener und Dänen, die Beirut verlassen konnten. (szi/DER STANDARD, Printausgabe, 19. 07. 2006)