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Menschlicher Embryo im Stadium von acht Zellen: Basis für die Gewinnung der ethisch umstrittenen Stammzellen - immerhin wird der Embryo dabei zerstört. Moralisch inakzeptabel?

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Das Veto von US-Präsident Bush gegen die Ausweitung der Förderung von embryonaler Stammzellforschung wurde nicht gekippt. Ein Aus für die ethisch umstrittene Wissenschaft bedeutet dies jedoch nicht. Auch in anderen Staaten wird munter weitergeforscht.

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Washington/Wien - Das Veto von US-Präsident George W. Bush gegen eine größere staatliche Förderung der embryonalen Stammzellforschung wird nicht gekippt. Im Repräsentantenhaus in Washington kam gestern nicht die notwendige Mehrheit zustande, um Bush zu überstimmen. Zwar stimmten 235 Abgeordnete gegen das Veto, nur 193 dafür. Für eine Zweidrittelmehrheit fehlten damit 50 Stimmen.

Wie berichtet, hatte der US-Senat kurz zuvor einer Ausweitung der ethisch umstrittenen embryonalen Stammzellenforschung mit Staatsgeldern zugestimmt. Die Vorlage, die bereits vom Abgeordnetenhaus angenommen worden war, wurde mit 63 zu 37 Stimmen gutgeheißen. Demnach hätten in Fruchtbarkeitskliniken übrig gebliebene Embryonen für Forschungszwecke verwendet werden dürfen.

"Dieses Gesetz würde es unterstützen, unschuldiges menschliches Leben zu nehmen in der Hoffnung darauf, medizinische Vorteile für andere zu finden. Es überschreitet eine moralische Grenze, die unsere anständige Gesellschaft respektieren muss", begründete Bush sein erstes Veto in seiner bisherigen Amtszeit. Gegner der Stammzellforschung wie Bush argumentieren, dass Steuerzahler nicht zur Finanzierung einer Wissenschaft gezwungen werden dürfen, die einen Angriff auf ungeborenes Leben darstelle.

Viele Abgeordnete sind aber der Ansicht, dass medizinische Möglichkeiten zur Behandlung schwerer Krankheiten genutzt werden müssten (siehe Wissen). Außerdem befürchten etliche Befürworter, dass die USA im globalen Wettrennen um die auch wirtschaftlich interessante Stammzellforschung ihre Führungsposition durch das Förderungsverbot verlieren. Zu den Befürwortern gehören auch prominente Republikaner wie Nancy Reagan und der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger.

Forschung geht weiter

Mit einem Ende der US-Stammzellforschung ist mit Bushs Veto aber nicht zu rechnen. Denn nur die Herstellung neuer Stammzelllinien aus Embryonen, die bei der künstlichen Befruchtung erzeugt, aber nicht verwendet werden, wird weiterhin nicht mit staatlichen Geldern gefördert. Die private Finanzierung solcher Forschungen ist in den USA nicht verboten, wird auch betrieben. Gouverneur Schwarzenegger hat in Kalifornien einen Fonds zur Finanzierung solcher Forschungen eingerichtet. Weiterhin gefördert werden auch Forschungen an bereits existierenden und importierten Stammzellen.

Auch in der EU wird - wie im Rahmenprogramm zur Forschungsförderung beschlossen - embryonale Stammzellforschung unter bestimmten Voraussetzungen mit öffentlichen Geldern gefördert: Entsprechende Projekte werden ausgeschrieben, die Eingaben von unabhängigen Forscher auf ihre wissenschaftliche Sinnhaftigkeit geprüft und ethisch evaluiert. Dann stimmt ein Komitee der Mitgliedstaaten über das Projekt ab. Schließlich muss auch der Ethikrat jenes Landes zustimmen, in dem das Experiment durchgeführt werden soll. Bisher wurden acht derartige Forschungen bewilligt.

In Österreich ist die Herstellung von Stammzellen verboten, ihr Import zu Forschungszwecken jedoch nicht. In Großbritannien sind solche Forschungen seit Längerem erlaubt, auch Frankreich hat bereits Lizenzen zur Herstellung und Erforschung embryonaler Stammzellen erteilt.

Außerhalb der USA und EU - etwa in Australien, Indien, Israel, Singapur, China, Japan und Russland - sind die Forschungen ebenfalls erlaubt. Nur Südkorea ist nach dem Fall des Klonfälscher Hwang Woo Suk aus dem Rennen.

Bisherige Erkenntnisse aus embryonaler Stammzellforschung können noch nicht in breite Therapien umgesetzt werden. Fortgeschrittener sind Forschung und therapeutischer Einsatz von adulten Stammzellen. Derzeit läuft eine EU-Studie, die die therapeutische Effizienz beider Varianten evaluiert. (Andreas Feiertag, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.7.2006)