Vizekanzler Hubert Gorbach (li.) hat mit seinem Vorstoß für eine EU-weite Pkw-Maut eine Debatte in Österreich angestoßen. Von seinem Parteiobmann Peter Westenthaler kam sogleich ein Nein.

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Wien – Verkehrsminister Gorbach plädiert überraschend für eine Pkw-Maut. "Leistungsabhängige Besteuerung ja, aber nur europaweit", sagte Gorbach in einem Interview mit den Vorarlberger Nachrichten (VN). Die jetzige Autobahn-Vignette sei eine "unkomplizierte Zwischenlösung". Für Pendler und Berufsverkehr solle es in dem neuen System Ausnahmen geben, so der Verkehrsminister.

Koalitionspartner überrumpelt

Koalitionspartner ÖVP und auch alle anderen Parteien wurden vom Vizekanzler mit dieser Ansage ebenso überrumpelt wie sein eigenes Ministerium. Vor einer Woche hatte Gorbach erklärt, dass "Überlegungen zur Einführung einer zusätzlichen Teuerung für Autofahrer, egal ob City-Maut oder Pkw-Maut, (für das BZÖ) nicht infrage kommen". Viele Arbeitnehmer seien "auf das Auto angewiesen, weil sie zur Arbeit pendeln müssen, und würden durch eine Pkw-Maut hart getroffen werden".

Nun führte er aus, dass ein neues Pkw-Maut-System so eingesetzt werden müsse, "dass der, der das Auto beruflich braucht, ausgenommen und nicht bestraft wird". Heißt auf gut Deutsch: Pendler sollten von der mit der fahrleistungsabhängigen Pkw-Maut einhergehenden Teuerung nicht (oder weniger) belastet werden als "Freizeitfahrer". Freizeitfahrten teurer Differenziert werden sollte über steuerliche Absetzmöglichkeiten: "Wer in der Freizeit fährt, soll dafür bezahlen." Entlastungen soll es durch eine Senkung der Mineralölsteuer geben. Der Aufschrei aller Parteien und Autofahrerklubs war Gorbach damit sicher, weshalb er prompt eine Aussendung nachschieben musste, in der er sinngemäß versicherte, dass einzig das BZÖ der Garant dafür sei, dass nach der Wahl keine Pkw-Maut eingeführt werde. Sein Anliegen sei rein europäisch, er wolle eine europaweite Verkehrsverlagerung erreichen.

Keine Insellösung

Die Pkw-Maut solle keine zusätzliche innerösterreichische Einnahmequelle für den Autobahnbau werden. "Eine Pkw-Maut auf allen Straßen (...) kann nie eine Insellösung und schon gar nicht eine Geldeinnahmeaktion sein", versicherte der Vizekanzler. Den Autofahrern dürfte die Vignette freilich auch ohne BZÖ noch länger erhalten bleiben, denn ÖVP und SPÖ haben eine Pkw-Kilometermaut in der neuen Legislaturperiode erst vor einer Woche dezidiert ausgeschlossen. ÖVP-Staatssekretär Helmut Kukacka bekräftigte am Freitag: "Für die ÖVP ist die Pkw-Maut, sei es nun in der EU oder national, im Moment kein Thema." Auch BZÖ-Obmann Peter Westenthaler betont: "Solange ich BZÖ-Obmann bin, wird es keine Einführung einer Pkw-Maut in Österreich geben." Es solle vielmehr eine Entlastung geben. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23.7.2006)