Belgrad - Die Spitzen Belgrads und Pristinas werden am Montag auf Einladung des UNO-Chefverhandlers für den Kosovo, Martti Ahtisaari, in Wien zusammen kommen. Im Palais Niederösterreich wird beim so genannten "Kosovo-Elefantentreffen" zum ersten Mal seit der Aufnahme der Verhandlungen Ende des Vorjahres der künftige Status der Provinz selbst besprochen werden. Bei den bisherigen Treffen ging es um "leichtere", aber ebenso strittige Fragen wie Dezentralisierung und Schutz von Kulturgütern sowie Wirtschaft.

Umfangreiche Delegationen

Beide Seiten werden mit 15-köpfigen Delegationen anwesend sein. Von serbischer Seite wird die Delegation, in der das gesamte Verhandlerteam anreisen wird, von Präsident Boris Tadic, Regierungschef Vojislav Kostunica und Außenminister Vuk Draskovic angeführt werden. Auch aus Pristina wird das gesamte Verhandlerteam unter Leitung von Präsident Fatmir Sejdiu, Regierungschef Agim Ceku und Parlamentspräsident Kole Berisha anreisen. Im Verhandlerteam Pristinas befinden sich auch Politiker, die bereits vor sieben Jahren bei den gescheiterten Kosovo-Friedensverhandlungen in Rambouillet mitverhandelt hatten, so der damalige Delegationschef, der heutige Oppositionsführer Hashim Thaci, und der Führer der Ora-Bewegung, Veton Surroi.

Schüssel und Plassnik bei Eröffnung

Der feierlichen Eröffnung des Treffens werden sowohl Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) wie auch Außenministerin Ursula Plassnik (V) als Vertreter des Gastgeberlandes beiwohnen, vermerkten Belgrader Medien. Zwei Delegationen sollen danach entsprechend der Tagesordnung je 45 Minuten Zeit bekommen, um ihre Standpunkte zum Kosovo-Status zu erläutern. Belgrad erklärte sich bisher wiederholt bereit, dem Kosovo eine breite Autonomie, allerdings keine Unabhängigkeit zu gewähren, wofür Pristina eintritt.

"Je schneller die gefährliche Idee vergessen wird, einen neuen Staat auf dem Gebiet Serbiens zu errichten, umso besser ist das für alle, und sicher auch für eine dauerhafte Stabilität der Region als Ganzes", bekräftigte Kostunica am Samstag diesen Standpunkt. Auch sei er überzeugt, dass ganz Serbien die "verantwortungsvolle, demokratische und nationale Politik" unterstütze, "die wir für unsere Provinz Kosovo und Metohija (serbische Bezeichnung für den Kosovo, Anm.) verfolgen". In Pristina dagegen kann man sich ausnahmslos nur eine Unabhängigkeit als annehmbare Lösung der Status-Frage vorstellen.

Entsprechend der Tagesordnung, auf die sich die Belgrader Presseagentur Tanjug berief, sei die Diskussion über die Vorschläge der beiden Seiten nach einem gemeinsamen Mittagessen vorgesehen. Zum Abschluss wird es noch eine Pressekonferenz geben.

Durchbruch wird nicht erwartet

Ein großer Durchbruch wird von der Debatte am - viereckigen - Tisch auch seitens des UNO-Chefverhandlers Ahtisaari nicht erwartet. Von Beobachtern in Belgrad wurde die Aufgabe Ahtisaaris, die total entgegengesetzten Standpunkte der zwei Seiten anzunähern, bereits als "mission impossible" getauft.

Beide Delegationen werden am Tisch einander gegenüber sitzen. An einer Seite des Tisches wird UNO-Chefverhandler mit seinem Team Platz nehmen, die andere Seite ist für Vertreter der Kontaktgruppe, der OSZE, der NATO-Allianz und der EU reserviert. Aus Pristina wird zum "Kosovo-Elefantentreffen" auch der amtierende Chef der UNO-Mission (UNMIK), Steven Schook, anreisen. Im Palais Niederösterreich wird es am Montag keine serbische Flagge, sondern nur die des Gastgeber geben, meldeten Medien.

Nach dem Kosovo-Krieg (1998-99) kam die Provinz unter UNO-Verwaltung, blieb aber entsprechend der UNO-Resolution 1244 Bestandteil der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien. Diese wurde im Jahre 2003 in den Staatenbund Serbien-Montenegro umgebildet, der seit Anfang Juni, als Montenegro seine Unabhängigkeit verkündete, nicht mehr existiert. Serbien ist sein alleiniger Nachfolger geblieben.

Letztes Zusammentreffen 1999

Auf höchster Ebene waren Belgrad und Pristina zuletzt bei den gescheiterten Friedensverhandlungen im Rambouillez bei Paris im Februar 1999 zusammengekommen. Dabei waren sowohl der damalige serbische Präsident Milan Milutinovic, der sich wegen Kriegsverbrechen nun vor dem UNO-Tribunal zu verteidigen hat, sowie der im Jänner dieses Jahres verstorbene, damals noch selbstproklamierte Kosovo-Präsident Ibrahim Rugova. Nach dem Krieg fand ein erstes Treffen von Vertretern Belgrads und Pristinas am 14. Oktober 2003 ebenfalls in Wien statt. Belgrad ließ sich durch den Regierungschef Zoran Zivkovic repräsentieren, aus Pristina war erneut Rugova angereist. (APA)