Von Martina Salomon Wien - Die Sparvorgaben der Regierung an die Sozialversicherung seien unerfüllbar, sagt Hauptverbands-Direktor Josef Probst in einem Standard-Gespräch. So schreibt die Regierung bei den (stark steigenden) Medikamentenausgaben eine Kostenreduktion um 2,5 Milliarden Schilling vor. Mehr als eine Milliarde Einsparung sei aber gar nicht drinnen, prophezeit Probst. "Meine tiefe, tiefe Sorge ist, dass die soziale Krankenversicherung und das Gesundheitswesen mit dem Defizit allein gelassen und finanziell ausgehungert werden." Damit könnte der Boden für "Teil zwei des Regierungsprogramms" aufbereitet werden, sagt Probst. Er höre bereits Andeutungen aus dem Sozialministerium, dass die Pflichtversicherung von einer Versicherungspflicht abgelöst werden könnte. (Das hieße ein Wahlsystem a la Kfz-Versicherung. Das könnte Nachteile für Alte und Kranke bringen sowie die Verwaltungsausgaben - durch höhere Werbekosten - in die Höhe treiben, wie der Hauptverband nicht müde wird zu erklären.) Das bewege ihn jedenfalls mehr als die Spitalsfinanzierung, zu der diese Woche ein Gipfel mit allen Beteiligten stattfand, meint der Direktor. "Da ist bei uns ohnehin nix zu holen." Bewusste Schwarzmalerei Allerdings hält die FPÖ den Kassen vor, beim Defizit (heuer voraussichtlich 5,7 Milliarden Schilling) bewusst schwarz zu malen, um nicht stärker für die Krankenhausbezahlung herangezogen zu werden. Probst empfindet das als "absurden Vorwurf". Das bedürfte einer doppelten Buchhaltung und sei unter den Augen der Aufsichtsbehörde wohl kaum zu bewerkstelligen. Er wirft seinerseits der Regierung einen "unintelligenten" Sparkurs vor. Die geforderten niedrigeren Verwaltungsausgaben könnten dazu führen, dass beim Controlling gespart werden müsse, was letztlich wieder die Gesamtkosten erhöhe. Auch das Argument, dass weniger PatientInnen ins Spital gehen sollten, weil es "draußen" billiger sei, ist für Probst eine Milchmädchenrechnung. Wenn weniger Patienten ins Krankenhaus kommen, werde es nicht automatisch viel billiger. Allein eine von den elf Milliarden Schilling Ambulanzkosten werden nur für Dialyse ausgegeben, rechnet er vor. Außerdem fehle ohnehin das Geld, um die Gesundheitseinrichtungen außerhalb der Spitäler auszubauen. Die Sozialversicherung fordert die Zweckbindung eines Teils der Tabak-, Alkohol- und Mineralölsteuer sowie höhere Beiträge für alle Versicherten. Nur 0,1 Prozent mehr würden 1,5 Milliarden Schilling höhere Einnahmen bedeuten. Man verhandle auch mit den ÄrztInnen, sagt Probst. Und die seien erfreulicherweise bereit, über mehr Kostenverantwortung zu reden. Selbstbehalt für Psychotherapie Anfang Juli soll jedenfalls im Parlament das Sozialrechtsänderungsgesetz 2000 beschlossen werden. Und da geht es um eine Menge von "Schandtaten", wie sich Probst ausdrückt - beispielsweise eine Verkürzung der maximalen Krankenstandszeit. Von all den anderen Aufregern verdeckt verbirgt sich darunter auch ein 20prozentiger Patientenselbstbehalt für eine Leistung, die es noch nicht ernsthaft gibt: Psychotherapie auf Krankenschein. Das treibt die neugewählte Präsidentin des PsychotherapeutInnenverbandes, Margret Aull, auf die Barrikaden. Probst teilt ihre Bedenken. Es sei eher merkwürdig, einen Selbstbehalt einzuführen, bevor überhaupt Vollversorgung bestehe.