Personenverkehrsvorstand Wehinger: Mitarbeiterschaft werde von allen Seiten attestiert, "dass sie nur Schlechtes leistet".

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Wien - Ein Leserbrief von ÖBB-Personenverkehrsvorstand Stefan Wehinger in der heutigen Ausgabe der Tageszeitung "Die Presse" zur Situation bei der Bahn sorgt für helle Aufregung bei der Gewerkschaft der Eisenbahner (GdE): "... am allerschlimmsten: eine Mitarbeiterschaft, die verunsichert und überaltert ist und der von allen Seiten attestiert wird, dass sie nur Schlechtes leistet."

"Ungeheuerlichkeit"

Das will die Gewerkschaft nicht auf ihren ÖBBlern sitzen lassen und wünscht von Bahnchef Martin Huber Konsequenzen. GdE-Zentralsekretär Norbert Bacher forderte am Dienstag von Huber in einer Aussendung, "endlich für Ordnung in dem von ihm geführten Unternehmen zu sorgen". Die Aussagen von Wehinger seien nicht nur eine "Ungeheuerlichkeit", sie würden auch zur Rufschädigung des Unternehmens beitragen. Wehinger schrieb in seinem Leserbrief unter anderem davon, dass das Management gerne an der "Baustelle ÖBB" weitergearbeitet hätte. "Stattdessen räumen wir noch immer den Schutt der Vergangenheit auf", so der Personenverkehrsvorstand.

Wehinger hatte mit seinem Leserbrief auf einen Kommentar in der Presse reagiert, in dem getitelt wurde: "Störfall Kunde". Im Untertitel hieß es: "Mit der Bahn zu reisen wäre erfreulich, müsste man nicht die ÖBB benutzen." Wehinger konterte, dass die Kunden der Bahn ein gutes Zeugnis ausstellen würden, es aber noch viel zu tun gebe bei den ÖBB.

Huber sieht kein Problem

ÖBB-Chef Martin Huber sieht keine Veranlassung, gegen Personenverkehrs-Vorstand Stefan Wehinger wegen dessen Leserbriefes vorzugehen. Wehingers Brief dürfe keinesfalls als Kritik verstanden werden, so ÖBB-Sprecher Jörg Wollmann.

Vielmehr sei es Wehinger darum gegangen, die ÖBBler gegen "ungerechtfertigte Angriffe" in einem Kommentar in der "Presse" zu verteidigen. "Er stellte sich damit klar hinter seine Mitarbeiter", betonte Wollmann. Es sei aber kein Geheimnis, dass sich die Altersstruktur bei den ÖBB deutlich von jener größenmäßig vergleichbarer Konzerne unterscheide.

SP-Wirtschaftssprecher Johann Moser ortet einen weiteren "negativen Mosaikstein in dem von der Regierung Schüssel und (Verkehrs-Staatsekretär) Kukacka eingeleiteten ÖBB-Führungschaos". Er bezeichnete den Leserbrief als einen "Gipfel der Menschenverachtung". Moser: "Was ist das für ein Führungsstil, dass ein Spitzenmanager der ÖBB die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter öffentlich in Frage stellt." (APA)