Leben in der "Solar City" heißt zu wohnen wie gestern. Der Wohnbau der Zukunft gilt dem Stadtzentrum.

Foto: Stadtarchiv
Linz - Die Jugendbefragung 2006 dürfte bei den Linzer Stadtvätern für entsprechenden Jubel gesorgt haben: 91 Prozent der 9237 via Internet befragten jungen Linzer gaben an, gerne in Linz zu wohnen - Zahlen, die zu bestätigen scheinen, dass die Stadt heute dank einer jahrzehntelangen Wohnbauoffensive eine attraktive Heimat für ihre rund 200.000 Bewohner ist.

Das Wohnen in Linz war mit der (Industrie-)Geschichte der Stadt stets eng verknüpft. Mit der Gründung der Voest etwa stieg die Zahl der Arbeit suchenden Zuwanderer rasant an. Städtebauliche Zeugnisse davon sind heute noch klassische Arbeiterwohngegenden wie das Frankviertel in unmittelbarer Nähe des Werksgeländes der Voest.

Wandel zur Kulturstadt

Mit dem Wandel von Linz weg von der reinen Industrie- hin zu einer Kulturstadt änderte sich auch das Wohnbild entscheidend. In den letzten 12 Jahren lag die Nettobauleistung bei beachtlichen 1000 Wohnungen per annum. Vor allem in den 80er- und 90er-Jahren hieß das Schlagwort Stadterweiterung. Die akute Wohnungsnot zwang die Stadtväter an die Peripherie. Perfekt für den Expansionskurs schien mit dem Raum Pichling vor allem der Linzer Süden.

Nach den Plänen des englischen Star-Architekten Sir Norman Foster wuchs dort letztlich die "Solar City" als eigene Satellitenstadt am Rande von Linz. Gerüchten, denen zufolge die Fluktuation im "sonnigen" Wohnviertel heute auffallend hoch sei, nimmt Planungsstadtrat Klaus Luger (SPÖ) den Wind aus den Segeln: "Pro Wohnung haben wir in der Solar City derzeit zehn bis zwölf Bewerber", so Luger.

Luftige Grünoasen

Auch 1000 zusätzliche Wohnungen würde man jederzeit "voll kriegen". Kehren dennoch Linzer der "Solar City" den Rücken, so sei "fast immer eine Scheidung der Grund", so Luger. Heute verzichtet man im Linzer Wohnbau aber auf die Breite und schwebt in höheren Sphären. "Gerade in den letzten Jahren wurde der Hochhausbau in Linz sehr stark forciert. Wir erweitern heute nicht mehr, sondern bauen auf frei gewordenen Stellen im Zentrum in die Höhe", klärt Luger auf.

Die Höhe ist aber dennoch ein relativer Begriff: "In Linz heißt das maximal sieben bis acht Geschoße", schränkt der Stadtrat ein. Dennoch seien solche Gebäude bei fast allen neuen Wohnprojekten jetzt Vorgabe. Die Gründe für die baulichen Höhenflüge liegen vor allem in den Kosten. "Je höher wir bauen, umso günstiger können wir die Wohnungen auch nachher anbieten", so Luger. Auf jeden Fall müsse die Lebensqualität stimmen: "Eine 30 bis 40 Quadratmeter große Gartenterasse sollte heute bei einer modernen Hochhauswohnung Standard sein".

Singlewohnungen gefragt

Für junge Menschen sei Linz "sowieso die attraktivste Stadt Österreichs", geizt Luger nicht mit Eigenlob. Man könne "dank der Wohnbauoffensive" auch tatsächlich Wohnungen anbieten und sich dadurch im Vergleich zu anderen Städten einem modernen Lebensstil besser anpassen. "Paare von heute leben länger in getrennten Wohnungen", so Luger. Entschließt man sich doch zu einem gemeinsamen Dach, so sind die Platzansprüche deutlich gestiegen. "60 Qudratmeter werden heute oft nur mehr milde belächelt", weiß der Stadtrat.

Auch das Ende so mancher Beziehung schlägt sich in Linz ganz besonders auf die Wohnsituation nieder. "Jede zweite Ehe in Linz wird geschieden. Diesen gesellschaftlichen Entwicklungen gilt es sich mit attraktiven Singlewohnungen anzupassen", so Luger. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.8.2006)