Empfehlung der WHO
Als Grund gibt ÖRK-Sprecherin Maria Kral "erhöhtes Risikoverhalten" an. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehle, Schwule vom Blutspenden auszuschließen. Die Formulierung sei international deklariert und nicht diskriminierend gemeint. Im kurzen und knappen Fragebogen müssten eben alle Risikofaktoren von vornherein ausgeschlossen werden können.
Für den Wiener Rechtsanwalt Helmut Graupner ist das aber ein klarer Fall von Diskriminierung. Grauper ist Mitglied in der EU- Expertengruppe zur Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und bemängelt, dass die Regierung nicht gewillt sei, eine entsprechende Aufklärungsinitiative zu starten. Auf eine Ausweitung des Antidiskriminierungsgesetzes, das zurzeit nur am Arbeitsplatz gültig ist, sei derzeit nicht zu hoffen, so Graupner. Bei Vorliegen einer Beschwerde werde er rechtliche Schritte setzen, kündigte er an.
Drogen und Gefängnis
Kritiker des Blutspendeverbotes für Schwule empören sich zudem über die Formulierung im Fragebogen: So stößt man beim verpflichtenden Ausfüllen auf die Frage, ob man dem Risiko einer HIV-Infektion ausgesetzt war. Gleich darauf werden als Beispiele "dauerndes Risikoverhalten wie gleichgeschlechtlicher Verkehr, Konsum harter Drogen, Prostitution oder Gefängnisaufenthalt" genannt. Allerdings: Im Vorjahr wurden 453 HIV-Neuinfektionen in Österreich festgestellt - 42 Prozent der Betroffenen infizierten sich bei heterosexuellem Verkehr und nur 28,6 Prozent bei homosexuellen Kontakten.
Für das ÖRK ist und bleibt "der Schutz der Blutempfänger das allerhöchste Ziel". Aufgrund zahlreicher Beschwerden und beinahe "wöchentlichen Diskussionen und intensiven Gesprächen" mit Homosexuellenbewegungen werde aber der Fragebogen überarbeitet. Das Blutspendeverbot für Schwule bleibe aber aufrecht.
Schneller Aids-Test
Viele homosexuelle Männer würden zudem ihr Blut nur deshalb spenden wollen, um einen schnelleren Aids-Test durchführen zu können, behauptet Kral. Während man bei der Aids-Hilfe mindestens zwölf Wochen auf ein Ergebnis warten müsse, werde das Blut beim Roten Kreuz innerhalb von zehn Tagen getestet.
Gesetzlich ist das Blutspendeverbot mit einem "generellen Risikoverhalten" verankert, was natürlich "einen Interpretationsspielraum" zulasse, wie ÖRK-Sprecherin Kral zugibt. Die strengen Ausschlussregeln richten sich jedoch nicht nur gegen Schwule, insgesamt müssten zehn bis zwölf Prozent der Spendewilligen abgewiesen werden. So zum Beispiel auch Personen, die auf Intensivstationen in Krankenhäusern oder als Sanitäter arbeiten, oder Menschen, die in Malaria-Gebieten geboren wurden oder aufgewachsen sind. Auch wer sich zwischen 1980 und 1996 in Großbritannien aufgehalten hat und sich somit damals der Gefahr einer Ansteckung mit BSE ausgesetzt hatte, ist auf ewig vom Blutspendedienst ausgeschlossen.
460.000 Blutkonserven
In Österreich werden jährlich rund 460.000 Blutkonserven verbraucht. Monatlich fallen nur für die rund 70 Spitäler in Wien, Niederösterreich und im Burgenland knapp 20.000 Blutkonserven an. (Barbara Stix, DER STANDARD Printausgabe, 05.08.2006)