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Stolpersteine wie in Deutschland jetzt auch in Österreich.

Foto: APA/dpa/Ulrich Perrey
Mödling - Elf Jahre war Hedwig Blum aus Mödling alt, als sie 1942 im Konzentrationslager Maly Trostinec ermordet wurde. Ab kommenden Montag, den 14. August, wird in der Mödlinger Innenstadt, vor ihres und ihrer Eltern Wohnhaus, eine 20 Mal 20 Zentimeter große, im Straßenbelag eingelassene Messingplatte an sie erinnern: Ein so genannter Stolperstein mit Namen, Geburts- und Todesjahr des jüdischen Mädchens.

Nicht zum Stolpern, vielmehr zum Nachdenken seien Platten wie diese da, erläutert der Mödlinger Grünen-Gemeinderat Gerhard Wannemacher. Die Erinnerungsaktion an 14 Mödlinger Opfer des Nationalsozialismus - 13 vertriebene Juden und die Nazi-Gegnerin Schwester Restituta - hat er mit initiiert: "Wir haben den deutschen Künstler Gunter Demnig mit der Anfertigung der Steine beauftragt, als eine von bisher zwei Gemeinden in Österreich". Der diesbezügliche Gemeinderatsbeschluss sei einstimmig erfolgt: "Auch die FPÖ war dafür".

Damit hält Demnigs in Deutschland sehr erfolgreiche Gedenktafelaktion auch hierzulande Einzug. Über 5500 Stolpersteine hat der Kölner Künstler an 97 verschiedenen Orten bereits verlegt, jeweils dort, wo der Mensch, an den erinnert werden soll, zuletzt "selbstgewählt" gewohnt hat. Eine ziemlich ähnliches Projekt mit 84 Erinneriungsplaketten an jüdische NS-Opfer lief im Wiener Volkertviertel unter einem anderen Titel: "Straße der Erinnerung"

Vor Mödling wird Demnig am Samstag auch im oberösterreichischen Braunau und Umgebung erwartet. Im dortigen Hausruckgebiet wurden 20 Stolpersteine in Auftrag gegeben. Sie sollen das Wissen über 20 nicht-jüdische NS-Gegner hoch halten.

Das Gedenken an die Mödlinger jüdische Gemeinde dürfe sich nicht in den 14 Gedenksteinen erschöpfen, meint Wannemacher indes. Immerhin hätten in der Stadt und Umgebung 1934 insgesamt 1315 Juden und Jüdinnen gelebt. Die nach Baden zweitgrößte Kultusgemeinde Niederösterreichs wurde durch die Nazi-Gewalt zerschlagen, ein Drittel ihrer Mitglieder ermordet. Nach dem Krieg kehrten genau vier Juden nach Mödling zurück, unter ihnen der Lyriker Albert Drach. (Irene Brickner, DER STANDARD - Printausgabe, 11. August 2006)