Nach drei schwierigen Jahren hat der europäische Markt für private Beteiligungen (Venture Capital und Private Equity) 2005 ein Rekordjahr markiert: Fast 72 Milliarden Euro sind ihm zugeflossen, 47 Mrd. wurden in 7200 Firmen investiert. Vor allem Pensionsfonds haben reichlich Mittel in diese Anlageklasse gesteckt. Der Grund: die beachtlichen, meist zweistelligen Renditen.

In einer aktuellen Umfrage der Coller Capital, einer der führenden Investoren im Sekundärmarkt für Private Equity, sagen die großen Geldgeber auch, dass sie ihre Investments "nicht verlangsamen wollen". "Unternehmen mit solchen Finanzierungen wachsen schnell und schaffen eine menge Arbeitsplätze", so Christian Kaltenegger, Vorstand des Private-Equity-Unternehmens (PE) Capexit und Vorstandssprecher der Vereinigung der heimischen PE-Fonds AVCO, Christian Kaltenegger.

Vor allem Finanzer, die mit kapitalmarktorientierten Finanzierungen umgehen können, sind gefragt, so Kaltenegger. Marion Weber, bei Kienbaum im Executive Search auf Unternehmen spezialisiert, die sich über Beteiligungskapital finanzieren, stimmt zu, schränkt aber ein: "In puncto Finanzierung sind diese Unternehmen in Österreich sehr professionell, was ihre Humanressourcen angeht, noch nicht ganz so." Kienbaum hat 124 Venture-Capital/Private-Equity-finanzierte Firmen nach ihren Bedürfnissen befragt, ihnen traditionell finanzierte Unternehmen gegenübergestellt und dazu noch 140 Kandidaten interviewt. Das Ergebnis: Die kapitalmarktorientiert finanzierten Unternehmen werden als spannend erachtet, lösen aber auch viele Ängste aus. Auf die Frage "warum würden Sie nicht in ein solches Unternehmen gehen?", antworteten 87 Prozent der Kandidaten: "unsichere Zukunft, zu hohes Risiko." Weitere 82 Prozent fürchten sich vor "ständiger Veränderung".

Daraus ergibt sich aber im Umkehrschluss, welches Kandidatenprofil Marion Weber sucht: "Sicherheitsdenker sind fehl am Platz", sagt sie. Unternehmerisch denkende Menschen, die Spaß an unstrukturiertem Arbeiten, an Veränderung haben, sind gefragt. Umgehen können mit chaotischen Abläufen abseits klassischer Job-Descriptions und abseits wohl geordneter Konzernstrukturen ist auch Voraussetzung.

Sind das Junge, die Weber für solche Unternehmen findet? "Die gefragten Eigenschaften haben nicht viele. Aber ja, meistens sind es Junge, auch Quereinsteiger. Leute, die einfach ,hands-on' arbeiten wollen."

Can-do-Kultur

Aber, so die Expertin, es gebe auch eine gewisse Schicht von Älteren, die aus Konzernstrukturen heraus wollen und selbst unmittelbar Verantwortung tragen möchten, direkt etwas bewegen wollen. "Diese Leute sind dann auch zu Abstrichen beim Gehalt bereit. Sie werden angelockt von dieser spannenden Can-do-Kultur."

Es bestünden jedenfalls eine Menge Chancen und Möglichkeiten für herausfordernde Tätigkeiten (auch für Quereinsteiger), wirbt Marion Weber um Kandidaten.

Christian Kaltenegger hat als Vertreter der Geldgeber-Seite andere Bedürfnisse: Die Branche der Venture Capitalists und Private-Equity-Firmen in Österreich sei so überschaubar, dass auf dieser Seite das Recruiting im Wesentlichen über Empfehlung und Referenzen funktioniere. "Da muss man über die Menschen sehr viel wissen."

Beide sind jedenfalls überzeugt, dass sie in einem Bereich tätig sind, der weiter von starkem Wachstum geprägt sein werde. Dies wegen fortschreitender Globalisierung und den entsprechenden Finanzierungsanforderungen auf Unternehmensebene aber auch wegen der ständigen Suche der Investoren nach Anlageklassen, die Renditen abwerfen und ihre Portfolios adäquat ergänzen. (Karin Bauer, Der Standard, Printausgabe 12./13.8.2006)