Warum die Post auf den Wienerberg ziehen könnte erzählt Post-Generaldirektor Anton Wais ebenfalls.

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Post-Generaldirektor Anton Wais bestätigt im Gespräch mit dem STANDARD, kein Angebot für die Bawag zu legen. Allerdings werde es zu Gesprächen mit dem neuen Eigner kommen. "Dann werden wir schauen, welches Geschäftsmodell sich realisieren lässt", sagt Wais. Dies im Hinblick darauf, dass Finanzdienstleistungen - wie sie die Bawag P.S.K. anbietet - weiter ein wichtiger Bestandteil des Post-Portfolios bleiben sollen. Daraus könnten sich künftig Vorteile für die Post ergeben, wenn der neue Bawag-Eigner keine Retail-Finanzdienstleistungen anbietet

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STANDARD: Sie haben im ersten Halbjahr mehr als 20 Millionen Euro aus Immobilienverkäufen lukriert. Wann verkaufen Sie die Post-Zentrale in der Postgasse im ersten Bezirk?

Anton Wais: Es hat in der Vergangenheit mehrere Varianten gegeben, die gibt es leider noch immer. Der Vorstand hat sich vorgenommen, sich bis zum Jahresende mit der Frage auseinander zu setzen.

STANDARD: Welche Variante favorisieren Sie?

Wais: Eine, die bis jetzt noch nicht vorgekommen ist. Es gibt in Wahrheit zwei Möglichkeiten. Die Nullvariante, das heißt, wir bleiben in der Postgasse. Das ist aber nicht rentabel, man müsste für einen modernen Bürobetrieb enorm investieren. Dazu ist das Haus im Grunde aber nicht geeignet. Auch haben wir nicht mehr jenen Platzbedarf in der Zentrale wie in der Vergangenheit: Die Paketleute sind in Floridsdorf, der Brief im Briefzentrum Inzersdorf, das Filialnetz ist übersiedelt - teilweise samt Overheads. Also gibt es zwei Varianten: Die eine ist, sich irgendwo einzumieten, die zweite, selber etwas zu bauen. Bei der Bauvariante gibt es wieder zwei Varianten: entweder groß zu bauen und alle wieder in ein Gebäude zurückzuholen oder nur ein Headquarter zu bauen.

STANDARD: Ihr Favorit?

Wais: Unter uns gesagt, eine Post braucht nicht unbedingt die Citynähe. Mein Favorit muss eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr haben und ausreichend Parkplätze.

STANDARD: Sollte die Post als eines der großen österreichischen Unternehmen tatsächlich "in the middle of nowhere" logieren?

Wais: Ich weiß nicht, ob der Wienerberg "middle of nowhere" ist, aber der Bahn-Vorstand sitzt dort. Ich strebe schon etwas an, wo die Infrastruktur optimal ist. Wir haben noch zwei bis drei Grundstücke, die geeignet wären.

STANDARD: Ein Thema, das ebenfalls im Herbst ansteht, ist der Bawag-Verkauf. Wie ist die Rolle der Post dabei?

Wais: Wir werden selbst kein Angebot legen und auch kein Konsortium gründen. Wenn es tatsächlich zum Verkauf kommen sollte, dann wird sicherlich derjenige, der als Kaufinteressent auftritt und in die letzte Runde kommt, mit uns sprechen wollen. Dann werden wir schauen, welches Geschäftsmodell sich realisieren lässt. Das ist uns natürlich nicht egal, weil Finanzdienstleistung weiter ein wichtiger Bestandteil des Filialnetzes bleiben soll. Wir glauben nur, dass ein neuer Eigentümer, der im Inland noch keine Retail-Finanzdienstleistungen anbietet, ein Vorteil für uns werden kann.

STANDARD: Wäre es mit einem ausländischen Bawag-Eigentümer schwieriger?

Wais: Nein. Wir würden es nur sehr bevorzugen, einen Eigentümer zu sehen, der etwas vom Bankgeschäft versteht.

STANDARD: Und eine Versicherung? Die wäre für die Post wohl die komfortabelste Variante ...

Wais: Die verstehen meistens auch etwas vom Bankgeschäft. Es soll ja keine Versicherung mehr geben, wo nicht eine Bank dahintersteht.

STANDARD: Aber Sie schließen auch nicht aus, dass sich die Post an der Bawag P.S.K. beteiligt, wenn der vom ÖGB ausgewählte Kaufinteressent das haben will?

Wais: Da wird man dann darüber reden, wenn man an uns herantritt. Ausschließen kann ich gar nichts.

STANDARD: Sie geben an, der Einbruch im Geschäft mit P.S.K.-Finanzdienstleistungen respektive der Abfluss an Spareinlagen sei durch das Wertpapiergeschäft, allen voran durch den Verkauf der Post-Aktien beim Börsengang, kompensiert worden. Geben Sie jetzt halbjährlich eigene Aktien aus, um das Minus wettzumachen?

Wais: (lacht) Nein, Nein. Der Abfluss wurde durch andere Produkte kompensiert. Die Zinsentwicklung hat natürlich geholfen. Mag sein, dass auch der Börsengang etwas beigetragen hat, ein bisschen ... Wir haben es im direkten Vergleich gesehen. In den Postämtern hat sich die Krise wesentlich harmloser abgespielt als in den Bankfilialen. Sie kennen die Geschichten: Bawag-Sparbuch aufgelöst und bei der Post eröffnet. Das sind nette Storys, aber nicht der Grund dafür, dass das Geschäft stabil geblieben ist.

STANDARD: Die zehn bis 15 Prozent Abgang sind voll kompensiert?

Wais: Das hat sich auf die Provision bezogen.

STANDARD: Ihr Geschäft sind ja fast ausschließlich Provisionen, rund hundert Millionen im Jahr.

Wais: Wir sind sogar mit einem leichten Plus ausgestiegen. Aber das ist so leicht. Es ist quasi ein gerader Strich geworden. Aber wer hätte das gedacht, um den 15. Mai herum.

STANDARD: Beim Börsengang haben Sie die "Kriegskasse" der Post mit 175 Millionen Euro beziffert, jetzt in der Halbjahresbilanz sind die liquiden Mittel mehr als doppelt so hoch? Was tun Sie mit dem Geld, die Post ist ja keine Sparkasse?

Wais: Wir werden es investieren. Wenn man die jährlich rund 60 bis 70 Millionen Euro Erneuerungsinvestitionen abzieht, liegen die verzinslichen Aktiva derzeit bei 460 Millionen, also um 58 Prozent höher als 2005. Wir haben unseren Investoren und Aktionären bereits gesagt, wenn wir unsere "Firecapacity" innerhalb der nächsten zwei Jahre nicht ausgegeben haben, kriegen sie das Geld zurück. Wir werden natürlich trachten, dass wir es ausgeben können. Sinnvoll natürlich, denn wir haben sehr rigide Spielregeln beim Investieren.

STANDARD: Die zwei Jahre enden wann?

Wais: Die zwei Jahre laufen bis 2008.

STANDARD: Gibt es Tendenzen in der EU in Richtung Harmonisierung der Postdienstleistungen?

Wais: Das sehe ich nicht. Es wäre natürlich vernünftig, Postdienstleistungen zu harmonisieren. Aber es gibt enorme Unterschiede. Zum Beispiel in Schweden, wo 1995 liberalisiert wurde, wird es nicht als Nachteil empfunden, wenn die Post nur dreimal die Woche kommt, weil sie nie öfter gekommen ist. Bei uns gäbe es einen Nachteil ohne Ende. Eine Harmonisierung nach Osteuropa geht auch nicht, weil ein Standardbrief nur 17 Cent kostet, dafür gibt es keine Qualität. Man kann ihnen also nur eine Chance geben, besser zu werden in der Qualität. Dafür muss man investieren. Aber wie sollen die dieses Geld verdienen, selbst bei einem Einkommen von nur 300 Euro pro Postler in bestimmten Ländern, pro Monat und zwölfmal im Jahr. Das ist eine Mission impossible.

STANDARD: Aber wenn man ein Paket von Wien nach Italien schickt, kostet das 27 Euro, und von Italien nach Wien kostet es 86 Euro.

Wais: Eine Harmonisierung unter dem Aspekt der Durchsubventionierung wird es nicht geben. Das gibt es nur in der Landwirtschaft. Es gibt im Augenblick die Bestrebungen der European Parcel Group, nach dem Vorbild der IPC beim Brief im Bereich Paket Verrechnungspreise und Qualitätskontrolle zu installieren.

STANDARD: Das inkludiert aber keine Endkundenpreise?

Wais: Nein, da geht es nur um Verrechnungsclearing unter den Postzustellern. Aber auch das wirkt als Anreiz, denn es hätte doch im Briefgeschäft keiner in Qualität investiert, wenn er nicht Geld verloren hätte. Man ist von der Hypothese ausgegangen, dass der Regulator die Kostengünstigkeit für den Privathaushalt achtet und die Kostenwahrheit einigermaßen beachtet.

STANDARD: Glauben Sie nicht, dass nicht doch etwas kommen wird, bei den Banken war das lange auch denkunmöglich.

Wais: Vor vier, fünf Jahren war die große Diskussion, sogar in der Richtung, ob man nicht eine europäische Post kameralistisch formen sollte. Quasi eine staatliche, gelenkte Post, weil eh nur zwei oder drei Postgesellschaften übrig bleiben würden. Das hat man gescheiterweise nicht getan. Heute weiß man, dass sich die Postgesellschaften spezialisieren und dass mehrere übrig bleiben. Wir gehen zum Beispiel in Kombifracht hinein und kämpfen nicht gegen DHL oder TNT in der internationalen Linie. So machen es andere auch. Das wird die Harmonisierung bringen: Standards auf gewissen Produktebenen. Sie werden nie einen Zwang zu Standards über einen Postregulator durchsetzen können.

STANDARD: Was ist mit der Zeitungszustellung für die neue Tageszeitung "Österreich"?

Wais: Was soll sein? Sie wird genau so zugestellt wie jede andere Zeitung.

STANDARD: Die hätten gerne die Hauspostkastenschlüssel.

Wais: Da müssen sie andere fragen. Österreich wird genau so behandelt wie jeder andere. Wir glauben, dass der Markt aufnahmefähig genug ist für eine neue Tageszeitung. Für uns war eher die Frage, mit wem stellen die überhaupt zu?

STANDARD: Bietet die Post den Fellners eine extra Zeitungszustellung?

Wais: Nein. Überhaupt nicht. Auf dem Sektor haben wir keine Firmengründung vor. Es gab einmal eine Kalkulation, aber der Businesscase ist nicht aufgegangen. Wir machen sicher keine Spezialfirma.

ZUR PERSON Anton Wais ist seit 1999 Generaldirektor der Österreichischen Post, dorthin wechselte er von Siemens Österreich. Der 58-jährige Jurist begann seine Karriere bei Handelsminister Josef Staribacher (SPÖ), wo er sechs Jahre Ministersekretär war. Danach war er vier Jahre Prokurist bei Knoblich-Licht. Zu Siemens wechselte er 1980, wo er in Berlin und München werkte. Vorstandsmitglied der Siemens AG Österreich, zuständig für Verkehrstechnik, wurde er 1996. Er zählt zu den Gründungsvätern des Mobilfunkers Maxmobil, heute T-Mobile. Der Gourmet zählt Radfahren zu seinen Hobbys. (Luise Ungerboeck, Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.8.2006)